„Mit der Kirche war ich immer verbunden“, sagt Thoben und erzählt von einer katholischen Kindheit auf dem Land, in der er überzeugter Messdiener war und schon mit 13 Jahren Lektor wurde. Rund 30 Jahre gehörte er dem Pfarrgemeinderat an, davon 18 als Vorsitzender. 40 Jahre lang war er in seiner Heimatpfarrei Mitglied der Kolpingfamilie. Bei allem Engagement winkte der gelernte Einzelhandelskaufmann auf eine Frage jedoch zunächst stets ab: die Frage bekannter Geistlicher, ob er sich nicht zum Diakon weihen lassen und dieses Amt neben seinem Zivilberuf ausüben wolle.
Heinrich Thoben aus Scharrel wird an Pfingsten zum Priester geweiht
, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster, Offizialatsbezirk Oldenburg
Er wuchs nur 150 Meter entfernt von der Kirche St. Peter und Paul in seinem Heimatort Scharrel (Gemeinde Saterland) auf. Trotz dieser räumlichen Nähe war der Weg zur Kirche im übertragenen Sinne für Heinrich Thoben weit: Mit über 50 Jahren entschied er sich, Priester zu werden. Am Pfingstsonntag wird der 56-Jährige im St.-Paulus-Dom Münster von Bischof Dr. Felix Genn geweiht, gemeinsam mit Niklas Belting aus Bocholt und einem Kandidaten aus dem Bistum Essen.
Das änderte sich erst 2006. Bei einem Nachtreffen zum Weltjugendtag, erinnert sich Thoben, habe ihm Hartmut Niehues, heute Regens des Priesterseminars Borromaeum in Münster, gesagt: „Wir merken doch, dass dein Herz brennt.“ Thoben kam ins Grübeln. Drei Anläufe benötigte der heute 56-Jährige – dann meldete er sich im Institut für Diakonat und pastorale Dienste (IDP) in Münster und führte dort ein „gutes Gespräch“ mit dessen damaligen Leiter Franz-Josef Overbeck, dem heutigen Bischof von Essen. 2007 begann Thoben die Ausbildung zum Diakon. „Nebenberuflich war das nicht einfach“, erinnert er sich.
Bei der Diakonweihe im Jahr 2010 stellte ihm Bischof Dr. Felix Genn die weiterführende Frage, ob er sich vorstellen könne, Priester zu werden. „Damals fühlte ich mich aber noch nicht berufen“, erinnert sich Thoben. Er bleib zunächst Diakon mit Zivilberuf – aus Überzeugung: „Das war eine ganz tolle und erfüllende Aufgabe.“ Vor allem in der caritas-Arbeit seiner Pfarrei war Thoben damals tätig, übernahm aber beispielsweise auch Taufen, Trauungen und Beerdigungen und predigte.
Trotz aller Erfüllung durch diese Aufgaben ließ die Frage nach der Berufung zum Priester den Scharreler nie ganz los – nicht nur, weil beispielsweise der frühere Offizial Weihbischof Heinrich Timmerevers oder Regens Niehues ihn immer wieder damit konfrontierten. Auch in ihm habe diese Frage gearbeitet, beschreibt Thoben: „Ich war unruhig, unstetig und hatte schlaflose Nächte.“ 2015 habe die Gewissheit, berufen zu sein, ihn dann „wie ein Blitz“ getroffen: Nach erneuten Gesprächen mit Timmerevers und Niehues zog er im Januar 2016 ins Priesterseminar Borromaeum ein. „In meinem Umfeld waren von dieser Entscheidung alle positiv überrascht“, berichtet Thoben – mit Ausnahme seines damaligen Chefs. Schließlich habe der nach 38 Jahren einen treuen Mitarbeiter verloren.
Heinrich Thoben selbst fiel bei aller inneren Gewissheit die Entscheidung nicht nur leicht: „Im Alter von über 50 Jahren einen solchen Schritt zu gehen, das ist eine Herausforderung.“ Umso dankbarer ist er, dass er sich im Priesterseminar von Anfang an gut aufgehoben fühlte: „Obwohl die anderen Priesteramtskandidaten ein ganzes Stück jünger sind als ich, war und ist das Zusammenleben gut und freundschaftlich.“ Vielleicht hat das mit dazu beigetragen, dass er schon nach wenigen Tagen endgültig sicher war: „Das ist es, das ist mein Weg.“
Nach einem halben Jahr im Priesterseminar schlossen sich zwei Jahre Tätigkeit in der Pfarrei St. Franziskus in Münster-Coerde an. „Das war ganz toll“, schwärmt Thoben. Mit ihren völlig unterschiedlichen Gemeindeteilen Coerde und Rumphorst habe er die Pfarrei als besonders spannend erlebt. Spuren wird er dort auch hinterlassen: Thoben hat in St. Norbert in Coerde die offene Kirche initiiert, ein Angebot im Advent, das zum Abschalten, Nachdenken, Ruhigwerden einlädt.
Mit solchen Angeboten möchte Thoben auch als Priester „nahe bei den Menschen sein.“ Denn er ist überzeugt: „Die Leute haben nach wie vor ein Bedürfnis nach Gott.“ Und er möchte auf jeden Fall „derselbe bleiben, der ich heute bin. Wenn die Priesterweihe mich verändert, hoffe ich, dass meine Umgebung mir das sagen wird.“
Jetzt, kurz vor der Priesterweihe, blickt Heinrich Thoben zurück – dankbar: „Es ist ein besonderer Weg, den ich ohne Abitur gehen durfte.“ Und er blickt in die Zukunft – voller Zuversicht: „Schließlich darf ich bei allem, was ich tun werde, immer im Hinterkopf haben: Der Herr ist ja auch noch da.“
- Die Priesterweihe wird live im Internet übertragen: am Sonntag, 20. Mai, ab 14.30 Uhr auf www.bistum-muenster.de, www.paulusdom.de, www.katholisch.de, www.kirche-und-leben.de und www.bibeltv.de .
Anke Lucht