Jessica Tomkin bringt reichlich Erfahrungen mit. Weil sie die Voraussetzungen für die Arbeit als Pastoralreferentin in der Schweiz reizvoller fand, bewarb sie sich nach dem Uni-Examen dort. Mit ihrem Mann zog sie ins Bistum St. Gallen. Sieben Jahre leitete Jessica Tomkin dort im Anschluss an ihre Ausbildung eine Pfarrei, machte qualifizierende Fortbildungen in Gemeindeleitung und Pastoralpsychologie. „Die Zeit in der Schweiz war ein Geschenk“, sagt sie und meint nicht nur die Berge, die sie im Münsterland ein wenig vermisst. Weil sie anfangs kein Wort Schweizerdeutsch verstand, musste die Theologin gut zuhören: „Eine Eigenschaft, die ich gelernt habe.“ Genauso wie das gemeinsame Ringen um Lösungen: „In der Schweiz sind viele Prozesse auf einen Konsens hin ausgerichtet.“
Jessica Tomkin fühlte sich bei den Eidgenossen sehr wohl, doch Familienkompromisse führten die Tomkins zurück nach Deutschland. Süddeutschland sollte es jedoch werden. „Damit die Berge nicht so weit weg waren“, begründet die Mutter von zwei Kindern im Alter von zehn und 14 Jahren diese Entscheidung. Die Arbeit in der Gemeindepastoral des Bistums München und Freising gefiel ihr: „Es war eine lebendige Pfarrei, mit und in der ich viel bewegen konnte.“ Trotzdem lockte die Theologin eine neue herausfordernde Aufgabe: Seelsorgerin auf einer Großbaustelle in München. „Ich bin zu den Arbeitern gegangen, habe sie nach ihren Wünschen und Bedürfnissen gefragt und konkrete Lösungsansätze erarbeitet. Und manchmal habe ich auch mitangepackt." Der knallgelbe Schutzhelm und die Warnweste erinnern sie an die Betriebsseelsorge.
Doch ihr Leben blieb in Bewegung. Der Wunsch, der Familie wieder näher zu sein, wurde immer stärker. Mit ihrem Mann, der Diakon mit dem Schwerpunkt Notfall- und Krisenseelsorge ist, schaute sie sich die pastoralen Konzepte der norddeutschen Bistümer an. Der erste Kontakt mit den Verantwortlichen in Münster sei sehr wohlwollend und offen gewesen. Das Ehepaar bekam mehrere Angebote für einen künftigen Dienst, am Ende sprach sich der Familienrat für Rheine aus.
Für die Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen da zu sein, sie anzunehmen und zu begleiten, das ist es, was sich Jessica Tomkin von ihrem früheren Heimatpfarrer abgeschaut hat: „Wir legen allzu oft den Akzent auf Nebensächlichkeiten.“ Das möchte sie ändern – und hat mit Unterstützung von Ehrenamtlichen bisher zwei Projekte in der Pfarrei St. Johannes der Täufer umgesetzt: den monatlichen Mittagstisch für alle und eine Formularhilfe für diejenigen, die im Bürokratie-Dschungel den Überblick verloren haben.
Als Auftrag im bistumsweiten Strukturprozess sieht Jessica Tomkin aber auch die Mitgestaltung der Pastoralen Räume, die es seit Beginn dieses Jahres im Bistum Münster gibt und in denen die weiterhin eigenständigen Pfarreien enger zusammenarbeiten wollen: „Das Miteinander unter den Kolleginnen und Kollegen lässt mich hoffen.“ Diese Zuversicht möchte sie in das Koordinierungsteam des Pastoralraums Rheine-Neuenkirchen-Wettringen einbringen und den Prozess dort zielführend voranbringen.
Gudrun Niewöhner