Klimagerechtigkeit und Kolonialismus

Dass das International Youth Hearing beim Weltjugendtag in Lissabon ausgerechnet auf den sogenannten Erdüberlastungstag am 2. August fiel, also den Tag, an dem die natürlichen Ressourcen der Erde aufgebraucht sind, war purer Zufall, schlug aber eine Brücke zum Thema des Nachmittags „Klimagerechtigkeit und Kolonialismus – Perspektiven für eine gerechte Zukunft“. Der Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) und der Bundesverband Katholische Kirche an Hochschulen (BKKH) hatten zum Youth Hearing ins deutsche Pilgerzentrum eingeladen, rund 250 junge Menschen aus der ganzen Welt waren gekommen.

Angesichts der spürbaren Folgen der Klimakrise, wie verheerende Waldbrände und zunehmende Extremwetterereignisse im Globalen Süden, wird die Forderung junger Christinnen und Christen nach einer nachhaltigen, gerechten und inklusiven Zukunft für kommende Generationen immer dringlicher, führte Moderatorin Christina Weise, freie Journalistin, die in Lissabon lebt, ins Thema ein.

Christina Weise moderiert das Gespräch mit Danilo Moreira, Volker Andres, Dr. Julia Monar, Dr. Bertram Meier und Susanna Laux.

Christina Weise moderierte das Gespräch zum Thema „Klimagerechtigkeit und Kolonialismus“ mit Danilo Moreira, Volker Andres, Dr. Julia Monar, Dr. Bertram Meier und Susanna Laux (von links).

© Bischöfliche Pressestelle/Ann-Christin Ladermann

Aus Sicht von Susanna Laux, Sprecherin des BKKH, stehen Klimagerechtigkeit und Kolonialismus in einem direkten Zusammenhang, der zu wenig beachtet werde. „Dieses Bewusstsein für die Vergangenheit besteht nicht. Es kann aber helfen, die heutigen Machtstrukturen zwischen globalem Norden und globalem Süden zu verstehen und aufzulösen. Erst, wenn wir als globaler Norden die koloniale Vergangenheit und die immer noch währenden Strukturen anerkennen, lasse sich Klimagerechtigkeit bekämpfen, betonte sie und forderte zu einer offenen Auseinandersetzung auf.

Die deutsche Botschafterin in Portugal, Dr. Julia Monar, erläuterte die Anstrengungen der Bundesregierung für mehr Klimagerechtigkeit. „Wir wollen vor allem den Staaten mehr Gehör verschaffen, die durch die Klimakrise existenziell bedroht sind“, erklärte sie. Es gelte, alle Menschen bei diesem Wandel mitzunehmen und nicht neue Ungleichheiten zu schaffen. Sie versprach der Bundesregierung zu empfehlen, sich vor künftigen Verhandlungen zu dem Thema auch mit kirchlichen Institutionen auszutauschen.

Auch Johanna Langela (rechts) und Hannah Lingnau nahmen am Youth Hearing teil.

© privat

Auf dem Podium herrschte Einigkeit, dass es zu einem Umdenken kommen muss. So verwies Danilo Moreira, portugiesischer Umweltaktivist, auf die immer stärkere wirtschaftliche Abhängigkeit des Globalen Südens. „Nur an unseren ökologischen Fußabdruck zu denken, reicht nicht. Wir müssen verstehen, wer die Hauptverantwortlichen sind.“ Noch immer würden Länder in Europa ihre eigene Verantwortung für den Klimawandel verschleiern, Machtstrukturen würden sich zu langsam ändern. Volker Andres vom BDKJ im Erzbistum Köln hob die soziale Verantwortung als katholische Kirche für die Bewahrung der Schöpfung hervor. „Seid weiter laut und erhebt eure Stimme in Gesellschaft und Politik“, ermutigte er die jungen Menschen. Es brauche verpflichtende Ziele zur Klimaneutralität. „Wir müssen glaubwürdig vorangehen und handeln“, betonte er. Bischof Dr. Bertram Meier aus Augsburg zitierte Papst Franziskus, der in seiner Enzyklika Laudato Si den Ländern des Globalen Nordens eine ‚ökologische Schuld‘ gegenüber den Ländern des Globalen Südens zugeschrieben hatte. „Sie stehen damit besonders in der Pflicht, gleichzeitig betrifft der Klimawandel die gesamte Menschheitsfamilie. Nicht Egoismus, sondern globale Solidarität muss dabei der Maßstab sein“, betonte er.

Dankbar, dass das Thema beim Weltjugendtag in Lissabon einen Platz fand, zeigten sich Johanna Langela aus Borken und Hannah Lingnau aus Münster. „Ich würde mich selbst als eine Person beschreiben, die schon sensibilisiert ist für kolonialistische Fragen und das Thema Klimaschutz“, erklärte Hannah Lingnau, die sich in der Katholischen Studierenden- und Hochschulgemeinde (KSHG) engagiert. „Aber mir ist klar geworden, dass wir die Perspektive derjenigen, die jetzt schon so sehr unter der Klimakatastrophe leiden, viel mehr zu Wort kommen lassen und hörbarer machen müssen“, zog die 22-Jährige ein Fazit.

Die Schuldfrage in Sachen Klimakrise beschäftigte Johanna Langela: „Entweder wird die Schuld den Institutionen und großen Playern zugeschoben, oder aber es wird betont, dass jede und jeder eine Verantwortung hat und bei sich selbst anfangen muss.“ Aus ihrer Sicht könne die eine Maßnahme nicht ohne die andere gedacht werden: „Es ist wichtig, laut zu bleiben, damit diejenigen, die Einfluss haben, Veränderungen anstoßen, aber es muss auch jeder auf sich selbst schauen und nach seinen Möglichkeiten für den Klimaschutz eintreten“, verdeutlichte die 25-Jährige.