„Liturgie geschieht im Ausprobieren“

, Bistum Münster

Mit bloßer Theorie, die am Schreibtisch entwickelt wird, hat Liturgie wenig zu tun. „Das Lernen von Liturgie und Liturgie selbst geschehen im Diskurs und im Ausprobieren, in der Feier und in der Reflexion“, brachte es Dr. Nicole Stockhoff, Leiterin der Fachstelle Gottesdienst und des Referats Liturgie im Bistum Münster, beim 102. Katholikentag in Stuttgart auf den Punkt. 

Die Liturgiereferentin des Bistums Münster, Dr. Nicole Stockhoff, (2. von rechts) war am Podium „It´s a Celebration: Liturgische Bildung und Feierkompetenz für morgen“ beim Katholikentag in Stuttgart beteiligt. Außerdem dabei waren (von links) der Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Stephan Winter aus Tübingen, Dr. Anne Rademacher, Leiterin des Seelsorgeamts im Bistum Erfurt, Viktor Schoner, Intendant der Staatsoper Stuttgart, und Moderator Dr. Marius Linnenborn.

© Bistum Münster

„It´s a Celebration: Liturgische Bildung und Feierkompetenz für morgen“ – so war das Podium überschrieben, zu dem neben Stockhoff der Liturgiewissenschaftler Prof. Dr. Stephan Winter aus Tübingen, Dr. Anne Rademacher, Leiterin des Seelsorgeamts im Bistum Erfurt, und Viktor Schoner, Intendant der Staatsoper Stuttgart, eingeladen waren. 

Wie stark sich räumliche Gestaltung und Liturgie gegenseitig bedingen, machte Nicole Stockhoff in der Diskussion deutlich: „Wir können keine Liturgie gegen den Raum feiern“, betonte sie. Die klassische Wegekirche mit der Ausrichtung nach vorn in den Altarraum brauche es gerade für Wortgottesfeiern, für die im Bistum Münster schon mehrfach Ehrenamtliche ausgebildet wurden, nicht zwingend. Und doch müsse der gewählte Raum in einer bestimmten Form inhaltlich aufgeladen sein. „Liturgie ist immer ein Dialog zwischen Gott und Mensch, es kommt zu einer Begegnung. Wenn ich das verinnerliche, kann ich mich gut und sicher in unterschiedlichen Feierformen bewegen“, erklärte Stockhoff, die mit den Kursteilnehmenden, die für die Leitung von Wortgottesfeiern ausgebildet werden, gerne in einem leeren Raum beginnt. „Die Ehrenamtlichen sollen ein Gefühl dafür bekommen, wo sie sich in ihrer neuen Rolle wohlfühlen und wo sie sich positionieren können, damit eine liturgische Präsenz und Ausdrucksformen wie das Gebet möglich sind.“

Stockhoff: "Gute Liturgie ist selbsterklärend"

Gute Liturgie, davon zeigte sich Nicole Stockhoff überzeugt, ist selbsterklärend. „Es gilt, eine passende Zeichen- und Symbolsprache zu finden“, betonte sie beim Podium, so dass Elemente und Symbole wie Taufwasser, Kerzen und Weihrauch für sich sprechen. Besonders hob sie die Liturgiesprache hervor: „Sie muss den Spannungsbogen in der Liturgie unterstützen.“ Einige Begriffe seien sicherlich in die Jahre gekommen. „Hier hat jede Gemeinde vor Ort die Freiheit, minimale Änderungen vorzunehmen“, sagte die Liturgiereferentin. Doch das Geheimnisvolle der Gottesdienste müsse auch in der Sprache ausgehalten werden: „Wir brauchen eine Liturgiesprache, um in die Mystagogie und die Begegnung mit Gott eintauchen zu können.“

Bei der Frage nach Formen der Resonanz auf Liturgie und Dramaturgie gab Intendant Viktor Schoner Einblicke in seine Arbeit. Er kennt sowohl begeisterte „Bravo“-Rufe, als auch energisches Ausbuhen, was glücklicherweise seltener vorkomme. „Für mich ist beides eine Bestätigung, dass es der Inszenierung gelungen ist, etwas in den Menschen zu bewegen. Bravo- und Buh-Rufe machen deutlich, dass sich etwas in ihnen öffnet, das sie in ihrem bürgerlichen Alltag nicht kennen.“ 

Wunsch nach stärkerer Feedback-Kultur

Mit Blick auf die Liturgie ermutigte Nicole Stockhoff zu einer stärkeren Feedback-Kultur in den Pfarreien. „Wir müssen fragen: Was läuft gut, wo sind Verbesserungen möglich?“, berichtete sie von einem Pilotprojekt im Bistum Essen, bei dem die Katholiken Rückmeldungen zur Gottesdienst-Qualität geben konnten. Berührende Gebete, aber mehr Zeit, um das Gesangbuch aufzuschlagen, stimmungsvolle Musik, aber keine „Supermarktschlange“ mehr beim Kommunionempfang – das Feedback war oft praktisch. „Hier wünsche ich mir weitere Formen und Ideen der Rückmeldung“, schloss Stockhoff.

Ann-Christin Ladermann