Passgenaue Pflege ermöglichen, „Gießkannenprinzip“ vermeiden

, Bistum Münster

„Es muss sich viel ändern – und das möglichst schnell.“ Mit dieser Position ist eine Delegation des Caritasverbands für das Bistum Münster am Internationalen Tag der Pflege am 12. Mai mit Vertretern des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) in Berlin in die Diskussion gegangen. Die derzeitigen demografischen und gesellschaftlichen Entwicklungen ließen keinen Spielraum für weiteres Zögern, machten die Gäste im Gespräch mit Dr. Martin Schölkopf vom BMG deutlich. „Ohne umfangreiche Anpassungen steht ein Großteil der Pflegebedürftigen und pflegenden Angehörigen vor unlösbaren Aufgaben“, sagte Diözesancaritasdirektorin Pia Stapel.

Mit dem Slogan „Pflege ist …“ ins Bundesministerium für Gesundheit nach Berlin gereist (von rechts): Diözesancaritasdirektorin Pia Stapel, Jonas Vorderwülbecke, Referent für Pflege und Pflegeausbildung im Diözesancaritasverband, Eva-Maria Matzker, Referentin für ambulant Pflege im Diözesanverband, Natalie Albert, Referentin für stationäre Altenhilfe im Diözesancaritasverband und Wolfgang Klose, Leiter des Referats Teilhabe und Gesundheit beim Deutschen Caritasverband.

© Caritasverband für das Bistum Münster / Michael Bönte

„Die Frage, wie es in der Pflege weitergeht, treibt unsere Mitglieder, die Pflegebedürftigen und die pflegenden Angehörigen ständig um“, beschrieb Stapel die Situation. „Regelmäßig gibt es Nachfragen, wann endlich entscheidende Änderungen stattfinden.“ Sie machte sich stark für ein bedarfsorientiertes System, in dem es keine „All-Inclusive-Lösungen“ mehr geben könne. „Es ist nicht immer das komplette Paket notwendig.“ Vielmehr müsse geschaut werden, wie Selbstständigkeit unterstützt und pflegende Angehörige geschult werden könnten. „Dafür müssen aber auch Ressourcen bereitgestellt werden.“

Auch Schölkopf betonte die Notwendigkeit, „genau zu schauen, was wie wo gebraucht wird“. Es dürfe kein „Gießkannenprinzip“ mehr geben. Er merkte an, dass es bereits viele Möglichkeiten einer individuellen Gestaltung gebe, die aber nicht zufriedenstellend abgerufen würden. „Da müssen wir uns moderner und flexibler aufstellen.“ Es sei aber schwierig, die individuellen Bedarfe genau zu ermitteln. „Das darf nicht von oben geschehen.“ Auch er präferiere die Idee des Case-Managers, der gemeinsam mit allen Beteiligten die nötige Ausprägung der Pflege erarbeiten könnte.

Intensiv diskutiert wurden auch die Forderungen nach einer Entbürokratisierung der Pflege. „Das ist mir immer zu wenig konkret“, sagte Schölkopf. „Was genau muss geschehen, um den Verwaltungsaufwand zu reduzieren?“ Dazu konnten die Gäste aus ihren intensiven Kontakten mit den Einrichtungen viele Antworten geben. So müssten etwa doppelte Inhalte in den Qualitätsprüfungen vermieden, das Verordnungs-Management reduziert und in der Dokumentation vermehrt die Möglichkeiten der Digitalisierung genutzt werden.

Weitere Themen des Austausches, zu dem auch Wolfgang Klose, Leiter des Referats Teilhabe und Gesundheit beim Deutschen Caritasverband gekommen war, waren die Situation in der Ausbildung, die Personalentwicklung in Pflege-Einrichtungen und die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland. „Auch die längst fällige Umsetzung von Gesetzen muss forciert werden“, forderte Stapel. „Die Pflege-Einrichtungen brauchen für ihre Planungen und Investitionen Verlässlichkeit und Sicherheit.“ Dies sagte Schölkopf zu: Das Verfahren für das Pflegeassistenzgesetz und das Pflegekompetenzgesetz würden voraussichtlich bis Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Der Caritasverband für das Bistum Münster macht sich in diesem Jahr mit einer Initiative für weitreichende Reformen des Pflegesystems stark. Neben dem politischen Engagement ist unter dem Titel „Pflege ist …“ eine Video-Reihe entstanden, in der Pflegende von der Bereicherung berichten, die sie in ihrer Arbeit erleben. Bei einer Präsentation konnten die Gesprächspartner vom BMG darin erfahren, wie wertvoll Pflegeberufe für alle Beteiligten sein können. So erleben etwa Pflegekräfte aus dem Hospiz ihre Arbeit als „Herzensangelegenheit“ mit „Zuversicht, Freude und Glück“. Mitarbeitende aus der Stationären Altenpflege erfahren „Begegnungen tiefen Vertrauens“ und „freundschaftliche Momente“. Umso stärker ist die Motivation des Verbandes, das Pflegesystem zukunftsfähig weiterzuentwickeln.

Download:

     Informationspapier des Caritasverbands für das Bistum Münster

Text: Caritasverband für das Bistum Münster / Michael Bönte

Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich – die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto „Not sehen und handeln“ sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM – Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen, 89 Kindertageseinrichtungen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.