Pater befürwortet Panzer-Lieferung

, Bistum Münster

Die aus Deutschland zugesagte Lieferung von 14 „Leopard 2“-Panzern an die Ukraine hält Pater Marek Dziedzic für eine gute und richtige Entscheidung: „Das ist ein Krieg, die Menschen brauchen Waffen, um sich zu verteidigen.“ Der 54-Jährige weiß, wovon er spricht. Seit April 2022 lebt er in der westukrainischen Stadt Lwiw, auf Deutsch Lemberg. Dziedzic, der mehr als zwei Jahrzehnte in Deutschland gearbeitet hat und von 2010 bis 2015 Pfarrer in der Pfarrei St. Ludgerus in Borken-Weseke war, gehört zum Orden der Hünfelder Oblaten. Im vierten Stock einer Plattenbauwohnung bildet er mit einem Mitbruder eine kleine Kommunität, eine geistliche Gemeinschaft. Obwohl sie für Lebensmittel und Miete auf Gottesdienst-Kollekten angewiesen sind, versuchen die beiden katholischen Priester, mit denen zu teilen, die durch den russischen Angriffskrieg noch weniger haben.

Pater Marek Dziedzic

Pater Marek Dziedzic, früherer Pfarrer der Weseker Pfarrei St. Ludgerus, lebt seit April 2022 in der westukrainischen Stadt Lwiw.

© Bistum Münster

Die Menschen in Lwiw leiden. Das sieht Pater Dziedzic jeden Tag: „Immer mehr von ihnen sind traumatisiert.“ Die Stadt sei voll mit Frauen, Kindern und alten Menschen, die aus den umkämpften Gebieten gekommen sind. Das Miteinander sei nicht immer leicht, schildert Pater Dziedzic seine Beobachtungen: „Manchmal habe ich das Gefühl, die Deutschen haben mehr Empathie für die Kriegsflüchtlinge als ihre Landsleute in Lwiw.“

In den Krankenhäusern, weiß der Ordensmann, liegen viele Verwundete. Bilder davon gebe es keine in den Medien. Und auch sonst sei dokumentarisches Material selten. „Fotografieren ist nirgendwo erlaubt, man will keine Aufregung. So funktioniert Kriegspropaganda“, erklärt Pater Dziedzic.

Strom gebe es in der Stadt meist nur vier Stunden am Tag: „Da überlegt man schon, was man zuerst macht: das Handy aufladen, die Waschmaschine anstellen...“ Weil alle diesen Zeitraum nutzen, sei das Netz schnell überlastet – und schalte sich ab. Besonders unangenehm sei, dass dann auch die Gasheizung ausfällt, es werde kalt in vielen Wohnungen.

Nur noch selten sucht Pater Dziedzic bei Luftalarm Schutz in einem Keller. Man stumpfe ab, gesteht der gebürtige Pole. Wenn eine Rakete im Anflug sei, erhalte er eine Meldung auf seinem Handy. Die meisten Geschäfte und öffentlichen Einrichtungen schlössen bei Luftalarm. Das Leben stehe dann still: „Nicht selten vergehen mehrere Stunden bis zur Entwarnung.“

Der russische Machthaber Wladimir Putin habe es vor allem auf die kritische Infrastruktur abgesehen. „Auf diesem Weg will er die Ukrainer klein kriegen“, ist der Oblatenpater überzeugt. Doch die geben so schnell nicht auf: „Sie reparieren, was kaputt ist, bis es wieder geht.“

Nur für ein paar Tage ist Pater Dziedzic gerade in Borken zu Besuch. Schon in der nächsten Woche macht er sich wieder auf den Weg nach Lwiw. Ob er nicht lieber in Deutschland bleiben würde? „Die psychische Belastung ist schon groß“, sagt er – und wirkt nachdenklicher als zuvor: „Man kann sich angesichts der Lage auf nichts wirklich konzentrieren.“ Erschwerend komme hinzu, dass er gesundheitliche Probleme hat. Zum Arzt fahre er über die Grenze ins benachbarte Polen, wo es eine bessere medizinische Versorgung und ausreichend Medikamente gibt. Oft bringe er nicht nur für sich Arzneimittel mit, sondern versorge bei seinen Touren weitere Erkrankte aus Lwiw. Trotz aller Unsicherheiten: Der Pater will nicht in Borken bleiben. Sein Glaube gibt ihm die Kraft, mit den Menschen in der Ukraine zu leben – und damit einen Auftrag seiner Ordensgemeinschaft zu erfüllen: „Wir wollen immer dort sein, wo die Not groß ist und Hilfe gebraucht wird.“    

Noch mal zum Anfang: Dass die aus seiner Sicht berechtigte militärische Hilfe aus dem Westen am Ende den Sieg für die Ukraine über Russland bringen wird, bezweifelt Pater Dziedzic: „Was sind zehn Panzer gegen 1000 auf der gegnerischen Seite...“, beschreibt er die Situation bewusst überspitzt. Zumal die Unterstützung aus Deutschland erst in Monaten erwartet werden könne und die ukrainischen Soldaten auch noch mit der Technik vertraut gemacht und geschult werden müssten. In diesem Krieg wird es keinen Gewinner geben, so seine traurige Überzeugung. Umso mehr hofft er, dass sich beide Parteien irgendwann doch zu Verhandlungen an einen Tisch setzen: „Putin wird von allein nicht aufhören.“

Gudrun Niewöhner