„Jeden Tag werden in Indien weit mehr als 300.000 Neuinfektionen gemeldet. Es gibt kaum Sauerstoff für die Betroffenen, und die Kliniken sind überlastet“, berichtet er. Er selbst ist in Südostindien in dem Dorf Sindalachery im Bundesstaat Tami Nadu, der mit der Fläche Deutschlands verglichen werden kann, aufgewachsen. „Meine Eltern wohnen dort. Meine Schwester lebt weit entfernt, aber mein Bruder wohnt mit seiner Familie bei meinen Eltern. Er ist seit März im Homeoffice. Sie sind Gottseidank alle nicht betroffen. Es beruhigt mich, meinen Bruder vor Ort zu wissen, denn meine Eltern sind krank“, berichtet Pater Rajakumar. Rund 8000 Menschen leben in seinem Heimatdorf, 85 Prozent davon sind katholisch.
Aufmerksam verfolgt er die Nachrichten über die Situation in Indien. „Die erste Welle hatte Indien noch in Griff. Aber jetzt ist es katastrophal“, schmerzt es den Seelsorger. Religiöse Feste seien zugelassen worden ebenso wie Wahlkampfveranstaltungen mit Hundertausenden Menschen. „Das ist alles mit deutschen Verhältnissen nicht zu vergleichen“, sagt Pater Rajakumar. Zudem könnten die Menschen nicht so lange zuhause bleiben, wie es eine sinnvolle Quarantäne erfordere. „Viele müssen schnell wieder arbeiten, um überhaupt leben zu können. Es gibt keine soziale Sicherheit wie in Deutschland“, berichtet er. In seinem Heimatland sei zudem zu spät reagiert worden. „Es ist alles schlimm“, stimmt ihn die Situation traurig. Aber es gebe einen kleinen Hoffnungsschimmer: „Viele Länder haben ihre Hilfe angeboten.“
Michaela Kiepe