Es war kein einfaches Thema, zu dem das katholische Kreisdekanat Coesfeld gemeinsam mit dem katholischen Kreisbildungswerk Coesfeld am Montag, 22. Januar, eingeladen hatte. Aber es war ein Thema, das die Menschen interessiert und bewegt. Fast 200 Gäste begrüßten die Organisatoren im Saal der Burg Vischering zu ihrer Veranstaltung „Assistierter Suizid – eine Hilfe beim Sterben?“. Auf dem Podium hatten Fachleute Platz genommen, die die aufgeworfene Frage aus unterschiedlichen Perspektiven im Lauf des Abends beleuchteten. Sei es medizinisch durch den Arzt Dr. Lothar Moschner, wissenschaftlich mit der Moraltheologin Prof. Dr. Monika Bobbert, politisch durch den CDU-Bundestagsabgeordneten Hubert Hüppe, seelsorglich durch Diakon Bernhard Rathmer sowie auch Diözesancaritasdirektor Dr. Christian Schmitt. Moderiert wurde der Abend von Julia Geppert, Redakteurin in der Medien- und Öffentlichkeitsarbeit des Bistums Münster.
Im vergangenen Sommer waren im Bundestag zwei Gesetzentwürfe zur Regelung des assistierten Suizids abgelehnt worden. Sie waren notwendig geworden, nachdem das Bundesverfassungsgericht im Februar 2020 das Selbstbestimmungsrecht der Einzelnen in Bezug auf das eigene Sterben gestärkt und den Gesetzgeber aufgefordert hatte, tätig zu werden.
Einig waren sich die Teilnehmenden, dass das Thema in die Mitte der Gesellschaft gehöre. So sei es eine gesellschaftliche Aufgabe, dem Trend der Vereinsamung in einer immer älter werdenden Gesellschaft entgegenzuwirken. Besonders geschützt werden müssten Menschen, die leicht verletzlich seien, weil sie beispielsweise niemanden mehr zur Last fallen wollten. „Jede präventive Maßnahme ist wichtig. Das Leben von Menschen darf nicht in Frage gestellt werden“, betonte Schmitt. Suizid dürfe nicht normal werden und auch keine therapeutische Hilfe sein. Bei der Palliativmedizin gehe es nicht nur um eine Schmerzmedizin, sondern auch um Beziehungsarbeit und Begleitung. Das konnte Moschner nur bestätigen: „25 Prozent der Hochbetagten sind einsam. Schmerzen und Symptome können wir gut behandeln. Aber eine lebensbejahende Einstellung am Ende ist wichtig.“
Der Wunsch zu sterben, müsse ernst genommen werden. „Doch muss beurteilt werden, ob er aus der Not heraus oder selbstbestimmt entstanden ist. Das festzustellen, ist leider nicht so sicher, wie wir uns das wünschen. Das Verfahren zur Freiverantwortlichkeit wirft viele Fragen auf“, sagte Bobbert, die sich wissenschaftlich mit dieser Perspektive beschäftigt. Ziel sei es, das menschliche Leben zu schützen, führte Hüppe aus. „Als Politiker muss ich darauf achten, dass Gesetze Menschen schützen. Niemand darf unter Druck geraten“, ergänzte er.
Eine zu kurze Beratungszeit, nachdem ein Mensch einen Sterbewunsch geäußert habe, könne fatale Folgen haben. „Sterbewünsche fluktuieren. Ein in dieser Woche starker Wunsch kann in der nächsten Woche schon in weite Ferne gerückt sein. Die Zeit sollte deutlich ausgeweitet werden, um limitierte Lebensprognosen durch eine schwere Krankheit und andere Gründe wie etwa einen Schicksalsschlag in der Familie voneinander unterscheiden zu können“, warf Moschner ein. Vermehrt unterstützende Angebote wie stationäre Hospize oder ambulante Hospizdienste spielten in den vergangenen Jahren eine besondere Rolle. „Seit es diese Begleitungen gibt, ist der Wunsch zu sterben geringer geworden, denn die Betroffenen wissen, dass es Menschen gibt, die ihren Weg mitgehen und sie nicht allein lassen“, hat Rathmer in seinem Alltag als Klinikseelsorger beobachtet.
Die Solidarität mit Sterbenden und Kranken sei ein gesamtgesellschaftliches Thema. Große Sorge bereite es allen Beteiligten, wenn die Debatte auf Kosten von verletzbaren Menschen ausgetragen werde. Als Christen gehöre zur Selbstbestimmung dazu, „dass wir sagen dürfen, dass wir keinen assistierten Suizid wollen. Unsere Hauptaufgabe ist es, dass in unseren Einrichtungen das Leben bis zum Tod geschützt ist“, betonte Schmitt. Es sei eine Aufgabe der Christen, gegen die Vereinsamung zu wirken. „Wir müssen uns für eine Kultur der Lebensbejahung einsetzen“, forderte Rathmer.
Gute Beratung, kreative Lösungen gegen die Vereinsamung und Strukturen, in denen Menschen miteinander und füreinander leben können, seien die Herausforderungen. „Für andere da zu sein, ist unser aller Aufgabe. Das ist Menschlichkeit“, hielt Rathmer fest.
Am Ende des Abends dankte Susanne Deusch, Leiterin des Kreisbildungswerk, sowohl den Podiumsteilnehmenden für ihre Meinungen und Perspektiven als auch dem Publikum. „Es sind viele Fragen aufgetaucht. Wichtig ist es, weiter miteinander zu reden“, gab sie den Anwesenden mit auf den Heimweg.