Predigt von Bischof Felix Genn an Heiligabend

, Bistum Münster

Weihnachten als das “Fest eines Gottes, der an uns gedacht hat“, hat Münsters Bischof Dr. Felix Genn mit vielen Gläubigen in der Christmette am Heiligabend im St.-Paulus-Dom Münster gefeiert.

In seiner Predigt sagte der Bischof: „Das Bild von der Krippe, das so viele Menschen anzieht, ist das Gegenbild zu einer Welt von Macht und Potenz. Es ist die Gegenbotschaft von Krieg, Unheil und Terror. Es ist die Gegenbotschaft von Führern, die zuerst morden und foltern, und dann, wenn es für sie eng wird, sich aus dem Staub machen.“ Im Kind in der Krippe komme „Gott mitten in diese Wirklichkeit hinein, weil er an den Menschen und sein Elend gedacht hat. Diese Nähe Gottes blitzt auf im Durcheinander dieser Welt und in der zerstörerischen Wut, die wir in dieser Zeit erleben.“

Genn stellte fest, dass „der Fortschritts-Glaube, der gerade durch die Künstliche Intelligenz Triumphe feiert, mit Verlust-Erfahrungen vielfältiger Art einhergeht.“ Diese zeigten sich etwa im Klimawandel oder auch in der Kirche.  Der Bischof fragte, wie man in dieser Lage Resilienz gewinne, und erklärte dazu: „Indem Gott sich so klein macht, indem er in den Verlust hineingeht, seine Gottheit gewissermaßen hinterlegt, um ganz Mensch zu werden, eröffnet er den Raum einer Resilienz, die stärker ist als alle unsere Bemühungen.“ Mitten in die Nacht der Kriege und Zerstörungen, mitten in das Dunkel von allem Verlust, lasse Gott eine neue Welt entstehen. In seiner Schwachheit vermittele er den Menschen, wie sehr er sie liebt. 

An Weihnachten dürften Christen feiern, „dass wir nicht an einen Gott der Leistung, der Macht und Gewalt glauben, der uns unterdrücken und strafen will, sondern dessen Augen glänzen voll Liebe zu jedem Einzelnen von uns.“ Mit Blick auf künstliche Intelligenz sagte Bischof Genn, diese könne viel Fortschritt schaffen, ob sie aber helfe, „eine humanere und gerechtere Welt zu bauen“, sei zu hinterfragen. Viel großartiger als die Entwicklung künstlicher Intelligenz sei, dass der Mensch fähig sei, „mit einem Geist der Liebe alle brutale Macht und Gewalt zu besiegen und von klein auf neu anzufangen.“ Darin liege die wahre Resilienz: „Indem Gott arm wurde, hat er uns reich gemacht und befähigt zu lieben, selbst wenn es weh tun kann.“

Anke Lucht