In der anschließenden Diskussion herrschte weitgehend Einigkeit bei der Analyse der Situation: der demographische Wandel und der zunehmende Fachkräftemangel belasten das Gesundheitssystem und die Versorgungssicherheit in den sozialen Diensten erheblich. „Der Staat kann keine Versorgungssicherheit garantieren“, das sei unmöglich, sagte Nordrhein-Westfalens Sozialminister Karl-Josef Laumann (CDU). In NRW arbeiteten 250.000 examinierte Pflegekräfte, die Zahl der Pflegeschüler sei mit 17.300 auf dem höchsten Stand. „Trotzdem reicht es nicht“, so der Minister. Nötig sei der Aufbau von Assistenzkräften und ein anderer Personalmix, um eine vertretbare Qualität zu erhalten. In der Krankenhausplanung gehe es ihm beispielsweise darum Doppelstrukturen abzubauen, die für die Versorgungssicherheit nicht gebraucht würden.
Der FAZ-Journalist Paul Gross warb für mehr Zentralisierung in der Krankenhauslandschaft und kritisierte die Rolle der Bundesländer in der Debatte um die Krankenhausreform der Bundesregierung: „Mir fehlt dabei die Konstruktivität“, sagte Gross. Es falle den Ländern schwer, die grundsätzliche Reformbedürftigkeit anzuerkennen. Der Pflegenotstand sei wie die Klimakrise: man spüre die aktuellen Auswirkungen, „doch die Dimension, die dieses Thema in 10, 15 oder 50 Jahren haben wird, erkennt heute niemand“.
Das soziale System in NRW sei vorbildhaft auch im Bundesvergleich, sagte Dr. Georg Lunemann, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe. Auch er warb für einen veränderten Fachkräftemix in den sozialen Diensten und verwies auf bundesweit 2,9 Millionen junge Menschen ohne Berufsausbildung, denen man den Einstieg ins Berufsleben erleichtern müsse. Lunemann nannte zudem die Digitalisierung und den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) sowie Bürokratieabbau als Instrumente, um das Personal in den Sozial- und Gesundheitsberufen zu entlasten.
Deutlich mehr Personal werde es auf Dauer nicht geben, warnte hingegen Thomas Schlickum, Vorstand des Caritasverbandes für die Stadt Münster mit Blick auf den Arbeitsmarkt und den demographischen Wandel. Die Dienste und Einrichtungen der Sozialwirtschaft könnten zukünftig die Leistungsversprechen der Politik gegenüber der Gesellschaft nicht erfüllen. Man müsse sich „ehrlich machen“, Ansprüche reduzieren und auch Qualitätsstandards absenken. Pflegekräfte verbringen heute zu viel Zeit mit Dokumentation“, warnte Schlickum. Er warb dafür, dem Personal mehr vertrauen entgegenzubringen. „Die Bürokratie entsteht in den Ministerien“, sagte Schlickum an die Adresse von Sozialminister Laumann. Wir müssen davon wegkommen“, sagte er und bot konkrete Vorschläge zum Abbau von Bürokratie an.
Man habe in vielen Punkten Konsens gehabt, zog Caritasdirektor Hopfenzitz das Fazit. Wichtig sei es nun zu handeln. „Wir brauchen einen Plan, unsere Träger wollen spüren, dass sich etwas tut, dass Gesetze und Vorschriften vereinfacht werden. Unser Anspruch muss es sein, die Menschen mit dem Angemessenen zu versorgen.“ Das müsse auch gegenüber der Gesellschaft kommuniziert werden.
Caritas im Bistum Münster / Carolin Kronenburg
Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich – die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto „Not sehen und handeln“ sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM – Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.