Richtungsweisende Empfehlungen für die Zukunft

Vielfältigere Leitungsformen in Pfarreien und Pastoralen Räumen, weniger kirchliche Gebäude – orientiert an den Bedarfen der Seelsorge, mehr Seelsorge-Personal in Einrichtungen, weniger in Pfarreien, neue Trägerstrukturen für die katholischen Kindertageseinrichtungen, wenn die Pfarreien sich dafür entscheiden – so lauten verkürzt einige der Empfehlungen, die der Diözesanrat, das oberste synodale Mitwirkungsgremium im Bistum Münster, am 16. und 17. Februar in Münster mit Blick auf die Zukunft der katholischen Kirche in der zweitgrößten deutschen Diözese ausgesprochen hat.

Der Diözesanrat folgte mit seinen Voten im Wesentlichen den Empfehlungen, die in den zurückliegenden anderthalb Jahren von 14 Themengruppen erarbeitet wurden.

© Bistum Münster

Der Diözesanrat folgte mit seinen Voten im Wesentlichen den Empfehlungen, die in den zurückliegenden anderthalb Jahren von 14 Themengruppen erarbeitet wurden. In diesen Gruppen hatten rund 140 Haupt- und Ehrenamtliche mitgewirkt. Mit ihren Empfehlungen möchten sie Antworten auf die Herausforderungen geben, vor denen die katholische Kirche im Bistum Münster in der kommenden Zeit stehen wird. Nachdem bereits zum 1. Januar im Bistum 45 Pastorale Räume kirchenrechtlich errichtet wurden, in denen es in Zukunft eine engere Zusammenarbeit geben soll, wurde nun anhand der Empfehlungen über die inhaltlichen Rahmenbedingungen für diese Kooperation beraten.

Bischof Dr. Felix Genn machte zu Beginn der Sitzung des Diözesanrates deutlich, dass die Kirche in einem „massiven Wandel und Umbruch“ stehe. Er wolle diese „gewaltige Umstrukturierung“ gemeinsam mit vielen Haupt- und Ehrenamtlichen als lernenden Prozess gestalten. „Die Kirche wird deutlich anders werden, das muss aber nicht nur negativ sein“, sagte der Bischof. Zielsetzung des Veränderungsprozesses im Bistum Münster sei es, die Voraussetzungen zu schaffen, so dass „die Verkündigung der Frohen Botschaft weiter gut möglich sein wird“. Angesichts des hohen Engagements und des enormen Expertenwissens, mit denen die Themengruppen ihre Empfehlungen erarbeitet hätten, sei er optimistisch, dass dies gelingen werde. Der Bischof und Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp sprachen von einer „historischen Sitzung des Diözesanrats“. Sie dankten den Mitgliedern des Gremiums und insbesondere auch den Mitgliedern der Themengruppen für ihren enormen Einsatz. Sie würdigten die große Fachkompetenz, mit der in den Gruppen gearbeitet worden war.

Der Diözesanrat hat unter anderem die folgenden Empfehlungen gegeben:

In Pfarreien und Pastoralen Räumen sollen neue Leitungsformen erprobt werden – es soll eine Abkehr von einem Leitungsbild geben, das nur auf Priester ausgerichtet ist. Hierzu soll auch ein Diözesanstatut in Kraft gesetzt werden, um es kirchenrechtlich zu ermöglichen, dass Pfarreien von einem Team geleitet werden. „Jede Form von Klerikalismus ist im Blick auf die Leitung zu unterbleiben“, heißt es in der Empfehlung zu den unterschiedlichen Rollen und Aufgaben, die Hauptamtliche in der Seelsorge künftig wahrnehmen werden. Leitung soll künftig zeitlich begrenzt werden und nie allein erfolgen.

Eine weitere Empfehlung betrifft die 670 Tageseinrichtungen für Kinder, die sich derzeit in Trägerschaft von 168 Kirchengemeinden befinden. Hierzu soll den Kirchenvorständen in den Pfarreien nahegelegt werden, „die Trägerschaften der Kindertageseinrichtungen in den neu zu gründenden Kirchengemeindeverband auf Ebene des Stadtdekanats bzw. der Kreisdekanate zu überführen“. Erprobt würde das in einem Piloten. Zugleich sollen die Kindertageseinrichtungen integraler Bestandteil der Pastoral der Pfarreien bzw. der Pastoralen Räume bleiben.

Empfohlen wird zudem, Kriterien für die Qualität der Seelsorge zu entwickeln. Diese sollen maßgebend und richtungsweisend für eine Immobilienentwicklung auf Ebene des Pastoralen Raums sein. Es sollen künftig weniger Seelsorgerinnen und Seelsorger in den pfarrlich-territorialen Arbeitsbereichen eingesetzt werden und stattdessen mehr in Einrichtungen wie Schulen, Krankenhäusern oder auch in neu zu bestimmenden seelsorglichen Arbeitsfeldern.

Eine weitere Themengruppe hat sich mit den gottesdienstlichen Feiern im Bistum Münster befasst. In den Pastoralen Räumen soll nach der Empfehlung weiterhin „eine eucharistische Feierkultur“ bestehen bleiben. Zugleich wird empfohlen, an Orten und in Stadtteilen, wo dies nicht mehr möglich sein wird, andere gottesdienstliche Feierformen wie Wort-Gottes-Feiern, Wort-Gottes-Feiern mit Kommunionspendung und Kommunionfeiern zu ermöglichen. Diese Feierformen sollen von Laien geleitet werden, die einen diözesanen Qualifizierungskurs erfolgreich absolviert haben. Für die Kindertaufe durch beauftragte Laien und die Delegation der Traubefugnis an Laien wird im Bistum Münster derzeit noch keine pastorale Notwendigkeit gesehen. An den Themen soll aber weitergearbeitet werden.

Generalvikar Winterkamp informierte am Ende der Sitzung darüber, dass alle Empfehlungen nun noch einmal in der Steuerungsgruppe des Prozesses in den Blick genommen und dann dem Bischof, wenn möglich bis zum Sommer, zur Entscheidung vorgelegt würden. Dabei würden auch Zeitpläne für die Umsetzung festgelegt. Zudem müsse geprüft werden, welche finanziellen Mittel für die Umsetzung der Empfehlungen benötigt würden. Hier sei dann auch der Kirchensteuerrat zu beteiligen. „Wir haben große Schritte getan, aber es liegt noch viel Arbeit vor uns“, sagte der Generalvikar.

Die Überlegungen und Empfehlungen aller Themengruppen finden sich im Internet auf www.bistum-muenster.de/strukturprozess

Auf der Sitzung bat Bischof Genn den Diözesanrat auch um seine Mithilfe bei der Vorbereitung des zweiten Abschnitts der Weltsynode, der im Herbst in Rom stattfinden wird. Alle Bistümer sind gebeten, bis Ende März einen Bericht zu erstellen. Dieser soll zusammenfassend darstellen, welche synodalen Strukturen und Gremien es im Bistum bereits gibt, was hierzu noch weiter entwickelt werden kann und wo es Modelle einer missionarischen Kirche gibt, die zu den Menschen an die Ränder gibt.

Dr. Stephan Kronenburg