„Sie sind die Augen und Hände Europas im Mittelmeer“

, Stadtdekanat Münster

Es sind Aufnahmen, die die Zuschauerinnen und Zuschauer nicht kalt lassen: Menschen, die in ihrer Heimat gefoltert werden, die sich unter Lebensgefahr auf die Flucht begeben, die in Holzbooten auf dem Mittelmeer ums Überleben kämpfen – und im besten Fall gerettet werden. Über 15 Monate hat ein Filmteam das Seenotrettungsschiff des Vereins „Sea-Eye“ während seiner Missionen auf dem Mittelmeer begleitet. In Münster feierte der 50-minütige Dokumentarfilm „Route 4“ in Kooperation mit „Sea-Eye“ und der Fachstelle Weltkirche im Bistum Münster seine Premiere im Cinema. Eingebettet in die Filmreihe „Klappe auf für Menschenrechte!“ vom Verein „Vamos“ stellten sich im Anschluss Weihbischof Dr. Stefan Zekorn, bischöflicher Beauftragter für die Weltkirche im Bistum Münster, und Kai Echelmeyer von „Sea-Eye“ den Fragen des Publikums.

„Was ich auf dem Schiff erlebt habe, lässt mich nicht mehr los“ – Kai Echelmeyer über seine beiden Rettungsmissionen auf dem Mittelmeer.

© Bistum Münster

Namensgeberin des Films ist die „Route 4“, die zentrale Mittelmeerroute, die als die tödlichste Fluchtroute der Welt gilt. Der Zuschauer bekommt nicht nur Einblicke in die Rettungsmissionen auf dem Wasser, sondern auch vom Aufbruch und der Reise der geflohenen Menschen aus Afrika durch Niger, Libyen bis auf das Mittelmeer mit dem Ziel Europa. „Es ist bewegend und zutiefst erschreckend zu sehen, welche Hoffnungslosigkeit die Menschen in Afrika zur Flucht veranlasst“, betonte Weihbischof Zekorn beim anschließenden Gespräch. „Wir brauchen ein gesamtgesellschaftliches Engagement“, appellierte er unter anderem an Unternehmen, sich in Afrika niederzulassen, um andere Verhältnisse auf dem Kontinent zu schaffen.

Kai Echelmeyer ist im September von seinem zweiten Einsatz als Ehrenamtlicher an Bord der „Sea-Eye 4“ zurückgekehrt. Der Emsdettener arbeitet auch hauptberuflich im Bonner Büro als Referent für die gleichnamige zivile Seenot-Organisation, die Bootsflüchtlinge rettet. „Was ich auf dem Schiff erlebt habe, lässt mich nicht mehr los“, verdeutlichte der 27-Jährige. Viele Szenen im Film hätten ihn berührt. Besonders wichtig findet er, dass „Route 4“ auf von der EU selbstgeschaffene Probleme aufmerksam macht. Immer wieder komme es durch veränderte Schiffssicherheitsverordnungen oder durch das Festsetzen von Schiffen zu Verzögerungen bei geplanten Rettungsmissionen. Echelmeyer sprach sich für ein europäisches Seenotrettungsprogramm und legale Fluchtwege aus. Nur so könne das Sterben an Europas Grenzen beenden werden. 

„Sie sind die Augen und Hände Europas im Mittelmeer“, dankte Weihbischof Dr. Stefan Zekorn den Mitgliedern von „Sea-Eye“.

© Bistum Münster

Das Bistum Münster hatte die Rettungsmission der „Sea-Eye 4“ im zurückliegenden September mit 30.000 Euro unterstützt. „Wir als Europa verlieren unsere Seele, wenn wir zuschauen – oder gar wegschauen, wenn Flüchtlinge im Mittelmeer ertrinken oder in Weißrussland erfrieren“, betonte Weihbischof Zekorn. Er dankte den Mitgliedern von „Sea-Eye“ für ihren Einsatz für Menschenrechte: „Sie sind die Augen und Hände Europas im Mittelmeer.“ 

Seit seiner Gründung im Jahr 2015 hat „Sea-Eye“ mit insgesamt vier Schiffen mehr als 15.500 Menschen aus Seenot retten können. In den vergangenen Jahren haben sich rund 1500 Menschen freiwillig bei „Sea-Eye“ engagiert, mittlerweile hat der Verein 30 Lokalgruppen in Deutschland, Luxemburg, Österreich und der Schweiz, die das Thema Seenotrettung in die Bevölkerung bringen.

Ann-Christin Ladermann