Telgter Krippenausstellung zeigt "Mittendrin"-Arbeiten

, Kreisdekanat Warendorf

Eine Krippenszene mitten im Ahrtal, eine weitere in einer U-Bahn-Station mitten in Kiew, und noch eine vor einer Kirche inmitten von Synodalem Weg und Maria 2.0: Mehr als 100 Künstlerinnen und Künstler zeigen in der 82. Telgter Krippenausstellung ihre Sicht auf die Weihnachtsbotschaft. Die Kunstwerke eint ihr Motto: „Mittendrin“. Ab Samstag, 5. November, bis Sonntag, 22. Januar, ist die traditionsreiche Krippenausstellung im „Religio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur in Telgte“ zu sehen. 

Die Sorge von Museumsleiterin Dr. Anja Schöne, ob sich nach einem Jahr Pause wieder genügend Künstlerinnen und Künstler an der Ausstellung beteiligen, war unbegründet: „Corona hat dem Do-it-yourself-Trend (DIY) einen großen Zuwachs beschert. Menschen hatten wieder Zeit, sich mit dem Thema des Selbermachens zu befassen.“ Für Anja Schöne hängt damit eine weitere Entwicklung zusammen, die sie beobachtet hat: Mehr denn je spielen Nachhaltigkeit und Upcycling in der Krippengestaltung eine Rolle. „Die DIY-Bewegung ist mit einem kritischen Konsumverhalten verbunden“, stellt sie fest. So gebe es eine aus Plastiktüten gehäkelte Krippe, leere Tuben, die zu einem Mobile verarbeitet wurden, und Glasflaschen, die geschmolzen und mit modellierten Tonköpfen zu Krippenfiguren gestaltet wurden.

Politische Fragen in Verbindung mit der christlichen Weihnachtsbotschaft

Auch in diesem Jahr haben sich viele Krippen-Künstler an aktuellen gesellschaftlichen Entwicklungen orientiert: Der Klimawandel, die Auseinandersetzung mit der Corona-Pandemie und der Krieg in der Ukraine sind nur einige Beispiele. „In vielen Arbeiten werden die politischen Fragen mit der christlichen Weihnachtsbotschaft vom friedlichen und gerechten Zusammenleben der Menschen verbunden“, fasst Anja Schöne zusammen. So findet sich in den Gemälden, Skulpturen, Kunstinstallationen und Lichtkunst unter anderem eine „Knastkrippe“, bei der Maria ihren Verlobten Josef im Besuchsraum eines Gefängnisses trifft. „Von Weihnachtsidylle ist da nichts zu spüren“, beschreibt die Museumsleiterin die Arbeit von Rudi Bannwarth, die zum Nachdenken anregen will. Mittendrin ist auch die Krippe des ehemaligen Architekten Wilfried Josef Funke – mitten in einem fiktiven Stadtzentrum. Vor der Pfarrkirche steht der Krippenstall mit einem Banner „Salvator Mundi – Jesus Christis, unser Hoffnungsträger“, mehrere Demonstrationen finden vor dem Hauptportal statt. Und mittendrin die Krippe. 

Während sie bei den genannten Arbeiten bereits im Zentrum steht, müssen sich in der Darstellung der Bewohnerinnen und Bewohner des St.-Elisabeth-Stifts in Sendenhorst die Menschen erst auf die Mitte zubewegen. Viele kleine Figuren, die auf einer drehbaren Platte montiert sind, laufen spiralförmig auf das Zentrum mit der Krippe zu. Einen besonderen Anblick biete auch die Scherenschnitt-Krippe von Franz Klein-Wiele aus Bottrop, nennt Anja Schöne eine weitere Arbeit. Ihre acht großen Elemente mit beweglichen Figuren beeindrucken vor dem Telgter Hungertuch. Mittendrin bedeute in vielen Fällen, dass es ein Außerhalb gibt, das den Kern umgibt. „Deshalb sind einige sehr große Arbeiten entstanden, die es notwendig gemacht haben, die Schau in weitere Räume des Museums auszudehnen“, erklärt Schöne. 

Weihnachtsikonen aus Recklinghausen

Den Reiz der jährlichen Kunstausstellung mache vor allem die Mischung aus. Und so können neben modernen, neuzeitlichen Krippen auch traditionelle Krippen mit geschnitzten Figuren bestaunt werden. In diesem Jahr ist zudem das Ikonen-Museum aus Recklinghausen mit Weihnachtsikonen zu Besuch in der Telgter Ausstellung. „Die Künstlerinnen und Künstler stammen aus ganz Deutschland, aus Tschechien und Frankreich“, fügt Anja Schöne hinzu, die noch eine abschließende Beobachtung teilt: Zunehmend gebe es Arbeiten, die sich nicht mehr unmittelbar mit dem Weihnachtsgeschehen an der Krippe befassen. „Damit bildet die Ausstellung gesellschaftliche Realität ab“, weiß die Museumsleiterin. 

Die Telgter Krippenausstellung ist dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. Heiligabend und Silvester ist das Museum geschlossen, jedoch am ersten und zweiten Weihnachtstag geöffnet. An allen Sonntagen finden um 15 Uhr öffentliche Führungen statt. Das dritte Adventswochenende ist den Familien gewidmet. Es gibt einen Film zur Entstehung der Herrnhuter Sterne und auch der Glasbläser Reinhard Börner kommt wieder. Unter seiner Anleitung können Kinder und Erwachsene selbst eine Christbaumkugel blasen. 

Ann-Christin Ladermann