Ukrainischer Erzbischof zu Gast in Münster

, Bistum Münster

Die Zahl der Flüchtlinge in der Ukraine ist sprunghaft angestiegen, Hilfsorganisationen, darunter auch kirchliche Einrichtungen, bereiten sich auf eine humanitäre Krise vor. Die Angst vor einem Krieg ist mit Händen greifbar: Es waren Beobachtungen aus erster Hand, die der Erzbischof von Lemberg, Mieczyslaw Mokrzycki, bei einem Treffen mit Weihbischof Dr. Stefan Zekorn am 22. Februar in Münster schilderte. Schon lange war der Besuch des ukrainischen geistlichen Oberhaupts in der Domstadt geplant. Alle zwei bis drei Jahre tauschen sich Mokrzycki und Zekorn, Bischöflicher Beauftragter für die Weltkirche im Bistum Münster, über aktuelle Projekte aus. Dass der jüngste Besuch auf den für die Ukraine und ganz Europa denkwürdigen Tag fiel, war Zufall. 

Der Erzbischof von Lemberg, Mieczyslaw Mokrzycki (2. von links), und Weihbischof Stefan Zekorn tauschten sich gemeinsam mit Mariya Sharko (links) und Judith Wüllhorst von der Fachstelle Weltkirche über die aktuelle Situation in der Ukraine aus.

© Bistum Münster

Denn kurz zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin die sogenannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine anerkannt und die Entsendung von Truppen angeordnet. „Wir hatten die Hoffnung, dass es nicht zu einer russischen Intervention kommt und stattdessen die Menschenrechte an oberster Stelle stehen“, berichtete der ukrainische Erzbischof. „Jetzt nehmen die Truppenbewegungen an der ukrainischen Grenze zu, was zum Krieg führen kann. Das macht uns große Angst.“ Bereits vor etwa zwei Wochen hätten mehr und mehr gut situierte Ost-Ukrainer Wohnungen im Westen gekauft und seien nach Lemberg umgesiedelt. „In den zurückliegenden Stunden haben sich viele weitere Menschen auf den Weg vom Osten in den Westen gemacht“, hat Mokrzycki aus seinem direkten Umfeld erfahren. 

Die Zeichen stünden auf Eskalation, die diplomatischen Bemühen seien bislang vergebens gewesen, verdeutlichte der Erzbischof. Im Westen der Ukraine würden sich Regierung und Kirche derzeit auf den Ernstfall vorbereiten, um so viele Flüchtlinge wie möglich empfangen und versorgen zu können. „Noch müssen wir andere Länder nicht um Hilfe zu bitten, aber es könnte dazu kommen“, blickte Mokrzycki auf die kommenden Tage und Wochen. 

Den Menschen in Deutschland ist der ukrainische Geistliche für das Gebet und die große Solidarität dankbar, dazu zählt auch die finanzielle Unterstützung aus dem Bistum Münster. „Wir glauben an die Stärke des Gebets und wir wissen, dass Gott das letzte Wort hat“, zeigte sich Mokrzycki dankbar über die vielen Friedensgebete für die Ukraine, die in diesen Tagen nicht nur im Bistum Münster stattfinden. „Bitten wir Gott gemeinsam darum, dass er die Herzen derjenigen öffnet, die folgenschwere Entscheidungen treffen und Menschenrechte außer Acht lassen“, bittet der Erzbischof um ein Gebet. 

Weihbischof Zekorn, der bei dem Gespräch von Judith Wüllhorst und Mariya Sharko von der Fachstelle Weltkirche im Bistum Münster begleitet wurde, zeigte sich erschüttert von der aktuellen Entwicklung: „Es bewegt mich, dass die Menschen in der Ukraine, die ihre Freiheit und Selbstbestimmung so hart erkämpft haben, jetzt Opfer einer derart aggressiven Politik werden.“ Dem Erzbischof überreichte er ein von ihm und dem Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, unterschriebenes Solidaritätsschreiben, mit der Zusicherung, der Kirche in der Ukraine auch weiterhin zu helfen. „Wir sind sehr dankbar für die partnerschaftliche Verbindung zwischen der katholischen Kirche in der Ukraine und unserem Bistum und möchten auch in Zukunft diese Beziehungen pflegen und weiterentwickeln“, heißt es darin. Und weiter: „Wir setzen uns dafür ein, dass der deutsche Staat die Ukraine durch direkte Hilfe und durch Sanktionen gegenüber Russland unterstützt, auch wenn letztere für uns negative Auswirkungen haben können. Wir beten im Bistum Münster um Frieden für die Ukraine und um Kraft für alle Menschen des Landes.“ Das Schreiben wird auch an den Großerzbischof von Kiew-Halytsch, Svjatoslav Shevchuk, übersandt. 

Ann-Christin Ladermann