© Stephan Kube, Greven

Verhüllen und Offenbaren

, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster

Dass ihr Besuch der Oberammergauer Passionsspiele im vergangenen Herbst einen solchen Prozess in Gang setzt, hätte Dr. Anja Schöne nicht gedacht. Die Leiterin des Relígio -Museums in Telgte schaute damals im Oberammergau Museum vorbei. Auf der Suche nach einer Ausstellungsidee aus Anlass des 400-jährigen Bestehens des Telgter Hungertuchs kam ihr ein Gedanke: „Das Hungertuch und die Passionsspiele – beide erzählen dieselbe Geschichte.“ Wieder zu Hause kontaktierte Schöne die Leiterin des Oberammergauer Museums, Dr. Constanze Werner. Sie überlegten gemeinsam, der Grundstein für die Ausstellung „Verhüllen und Offenbaren“, die noch bis Sonntag, 30. April, im Relígio -Museum zu sehen ist, war gelegt.

Ausstellung zu „400 Jahre Telgter Hungertuch“ im Relígio -Museum zu sehen

© Fotos: Museum Relígio, Stephan Kube, Greven

Das bekannte Telgter Fastentuch geht auf das Jahr 1623 zurück. Zehn Jahre später, ebenfalls zur Zeit des Dreißigjährigen Krieges, gelobten die Bewohner Oberammergaus, wenn die Stadt von der Pest errettet werde, künftig alle zehn Jahre die Passion aufzuführen. 1634 setzten sie ihr Versprechen erstmals um. Beide Ereignisse werden nun in der Ausstellung zusammengeführt. „Den 33 Bildfeldern, die das Hungertuch zeigt, setzen wir filigrane Schnitzereien aus dem Oberammergau Museum gegenüber“, erklärt die Museumsleiterin einen Teil der Ausstellung. Ergänzt wird diese durch Rauminstallationen, Gewänder und Requisiten aus dem Passionsspiel, die erstmals außerhalb von Oberammergau zu sehen sind. „Die Besucherinnen und Besucher können hier einen individuellen Zugang zur Leidensgeschichte Jesu und seiner Auferstehung finden“, erklärt Schöne.

Das Telgter Tuch ist den Angaben zufolge das am besten erhaltene Fastentuch der Region aus dem Anfang des 17. Jahrhunderts. Das mehr als sieben Meter breite und rund vier Meter hohe Stück zeigt in 33 Bildfeldern Szenen der Passion Christi, die Evangelistensymbole sowie alttestamentliche Szenen, die auf das Heilswerk Christi hinweisen. In vielen Regionen Zentral- und Westeuropas wird dem Museum zufolge seit dem Mittelalter im Chorraum der Kirchen während der Fastenzeit ein sogenanntes „Hungertuch“ oder „Fastentuch“ aufgehängt, um Kreuze und Bilder, Altaraufbauten oder gar den Altarraum ganz oder teilweise zu verhüllen. Der Brauch habe sich geändert, als die ursprünglich einfarbigen Tücher als Ausdruck einer neu entwickelten Passionsfrömmigkeit mit Symbolen und Szenen des Leidens und Sterbens Christi geschmückt worden seien.

Vom 17. bis zum 19. März wird ein Kolloquium mit international bekannten Fachleuten das Telgter Fastentuch sowie andere historische und neu geschaffene Hungertücher behandeln. Veranstalter sind der Freundeskreis Relígio e.V. und das Museum Relígio – Westfälisches Museum für religiöse Kultur.

Das Museum ist täglich (außer montags) von 11 bis 18 Uhr geöffnet, auch an Karfreitag und Ostermontag.