Von Missbrauch gewusst

, Bistum Münster, Kreisdekanat Steinfurt

„Wir gehen davon aus, dass der damalige Bischof Heinrich Tenhumberg und der damalige Personalreferent Prälat Wilhelm Stammkötter von der Verurteilung gewusst haben.“ Klare Worte von Münsters Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp bei der Informationsveranstaltung am 21. November in der Westerkappelner Pfarrei St. Margaretha. Ein Priester des Erzbistums Köln, der bereits 1972 wegen „fortgesetzter Unzucht mit Kindern und Abhängigen“ zu einer Haftstrafe und 1988 wegen sexueller Handlungen an Minderjährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt worden ist, war von 1974 bis 1978 als Aushilfe in der Pfarrei tätig.

Jan Niestegge, Peter Frings, Dr. Klaus Winterkamp und Pater Shaji George

Standen in Westerkappeln Rede und Antwort (von links): Moderator Jan Niestegge (Radio RST), der Interventionsbeauftragte Peter Frings, und Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp und Pater Shaji George.

© Bistum Münster

„Wie konnte das passieren?“ Wut und Fassungslosigkeit, aber auch die Forderung nach sorgfältiger Aufarbeitung bestimmten den Abend, zu dem das Bistum Münster ins Pfarrheim eingeladen hatte. Mit dem Generalvikar waren der Leiter der Hauptabteilung Seelsorge-Personal, Karl Render, und der Interventionsbeauftragte, Peter Frings, nach Westerkappeln gekommen, um Fragen zu beantworten und die Gemeinde zu informieren.

Erst im Mai hatte das Bistum Münster von dem Fall erfahren. „Bis dahin wussten wir nichts“, versicherte Winterkamp. Alle Informationen habe man sofort ans Erzbistum Köln weitergeleitet. Die Unterlagen seien von dort inzwischen an eine unabhängige Anwaltskanzlei in München gegeben worden. Da der Priester zum Erzbistum Köln gehöre, habe Münster keine Personalakte. Köln sei in diesem Fall federführend.

Warum der Priester ins Bistum Münster gekommen sei, dafür hatte der Generalvikar keine Erklärung: „Diesen Mann in den Dienst zu nehmen, war völlig verantwortungslos, wir haben uns als Kirche schuldig gemacht“, fügte Winterkamp an. Antworten erhofft sich Winterkamp durch die unabhängige Historikerkommission der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster: „Mit dieser wissenschaftlichen Untersuchung werden bis 2022 alle Personalakten gesichtet.“ Im besonderen Fall des Priesters aus dem Erzbistum Köln will die Kommission in den Akten der damals Verantwortlichen in der Bistumsleitung nach Hinweisen schauen. Winterkamp versicherte, dass Verantwortliche, die noch leben, belangt würden.

Auch wenn sich bislang noch kein Betroffener aus Westerkappeln gemeldet hat, war man sich im Publikum sicher, dass es Fälle gegeben habe. Sollten Betroffene sich nicht beim Bistum melden wollen, könnten sie dies auch an anderen Stellen, beispielsweise bei einer Opferanwältin, tun, sagte Frings. Die Staatsanwaltschaft, ergänzte der Interventionsbeauftragte, werde nur mit Zustimmung der Betroffenen eingeschaltet. Außerdem biete das Bistum Betroffenen Hilfe und Unterstützung an, beispielsweise mit der Übernahme von Therapiekosten.

„Wir haben große Fehler in der Vergangenheit gemacht“, betonte Winterkamp: „Ich kann vollkommen verstehen, wenn man uns nicht mehr glaubt.“ Im Zusammenhang mit der Aufarbeitung der Missbrauchsfälle im Bistum Münster gehe es nicht darum, die verlorene Glaubwürdigkeit zurückzugewinnen: „Wir wollen die Perspektive der Betroffenen einnehmen und endlich Licht ins Dunkel bringen.“

Ansprechpartner für Betroffene sind im Bistum MünsterBernadette Böcker-Kock, Telefon 0151/63404738, und Bardo Schaffner, Telefon 0151/43816695.

Gudrun Niewöhner