„Wir können an Stellschrauben drehen“

, Kreisdekanat Borken

„Die Menschen brauchen nicht unsere Lebensmittel, um sich zu ernähren, das schaffen sie selbst – wenn wir sie nur lassen.“ Mit diesem Appell mahnte Weihbischof Dr. Stefan Zekorn als Bischöflicher Beauftragter für die Weltkirche im Bistum Münster vor unüberlegten Im- und Exporten beispielsweise in Länder wie Brasilien.

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn bei einer Podiumsdiskussion in Epe

Weihbischof Dr. Stefan Zekorn aus Münster (dritter von rechts) und Bischof Dom Edivalter Andrade aus der brasilianischen Diözese Floriano/Piaui gehörten zu den Teilnehmern einer Podiumsdiskussion. Eingeladen hatte der Brasilienkreis der Pfarrei St. Agatha in Epe.

© Bistum Münster

Seine Forderung nach einem verantwortungsbewussten Welthandel fand am 28. März bei einer Diskussionsrunde in Epe auch die Unterstützung der übrigen Experten auf dem Podium. Knapp zwei Stunden hatten sie sich über das Thema „Was macht uns heute satt? Ländliche Entwicklung in Brasilien und Deutschland“ im Pfarrhof von St. Agatha ausgetauscht. Dabei zählten sie viele Unterschiede, aber auch Gemeinsames auf. Neben Bischof Dom Edivalter Andrade aus der brasilianischen Diözese Floriano/Piaui und Weihbischof Zekorn nahmen an der Diskussion auf Einladung des Brasilienkreises der Pfarrei auch die aus Epe stammende Diplom-Agraringenieurin Maria Detert, die Bundesvorsitzende der KLB, Nicole Podlinski, und der Vorsitzende der KLJB im Bistum Münster, Alexander Kleuter, teil. Moderiert wurde der Abend vom KLB- und KLJB-Diözesanpräses Bernd Hante.

Wie schwierig die Lebens- und Arbeitsbedingungen vor allem der Kleinbauern in Brasilien sind, davon berichtete Bischof Andrade in einem ersten Statement: Besonders die Trockenheit mache den Menschen in seinem Bistum eine ausreichende Ernte unmöglich. Im krassen Gegensatz dazu stehe die Entwicklung der Agrarindustrie, die immer mehr Flächen für den Anbau von Soja abholze. „Auf eine Entfernung von bis zu 50 Kilometern ist nur Soja zu sehen“, führte der Gast aus Brasilien seinen Zuhörern das extreme Ausmaß vor Augen. Die entsprechende Technik dafür sei vorhanden. Ganz anders bei den Kleinbauern: Hier fehle es an Geräten und teurer Energie, diese zu betreiben.

Die zunehmende Globalisierung bereite der Landwirtschaft in Brasilien, aber auch in Deutschland Probleme, zog Weihbischof Zekorn Parallelen: „Deshalb dürfen wir nicht zuschauen, sondern müssen die Globalisierung von beiden Seiten gestalten.“ Zweidrittel der Nahrungsmittel weltweit würden von kleinbäuerlichen Betrieben produziert: „Diese gilt es zu stärken“, betonte Zekorn und verband damit die Bitte an die Konsumenten, beim Einkaufen die Herkunft der Lebensmittel zu beachten: „Jeder einzelne von uns kann durch sein Handeln etwas mitverändern.“ Es gäbe nicht die eine Lösung für die Probleme im Welthandel, aber viele Stellschrauben, „an denen wir drehen können“.

Wie lassen sich immer mehr Menschen ernähren? Diese Frage treibt Maria Detert seit Jahrzehnten um. Lange, bis zu seinem Tod, hat sie mit dem ebenfalls aus Epe stammenden Bischof Edilbert Dinkelborg im Nordosten Brasiliens zusammengearbeitet und Projekte wie die Imkerei vorangetrieben. Auch wenn einiges erfolgreich umgesetzt werden konnte, die Herausforderungen seien weiterhin groß und reichten für die kommenden 30 Jahre. Es gelte unter anderem den Kleinbauern zu erklären, dass sie mit dem Verkauf der von ihnen angebauten Produkte Geld verdienen können: „Weil sie früher kein eigenes Land hatten, ist ihnen das so nicht bewusst.“ 

Hoffnung auf eine Verbesserung der Lebensbedingungen hat Bischof Andrade momentan nicht. Es werde eher noch schwieriger, die Existenzen der Familien zu sichern. Gespräche mit der derzeitigen brasilianischen Regierung seien unmöglich: „Alle Türen sind verschlossen.“

Gudrun Niewöhner