Unternehmertreffen mit Bischof Dr. Felix Genn

Vom Strukturwandel – also dem Wandel gesellschaftlicher Gegebenheiten – ist die Kirche ebenso betroffen wie die Wirtschaft.

Welche Herausforderungen der aktuelle Strukturwandel mit sich bringt und wie man ihn erfolgreich gestalten kann, darüber tauschten sich Vertreter beider Seiten am 30. November beim Unternehmertreffen in Münster aus.

Rund 150 Teilnehmer aus dem ganzen Bistum Münster waren dazu der Einladung von Bischof Dr. Felix Genn in die Katholische Akademie Franz Hitze Haus gefolgt.

In der Begrüßung wies Genn auf die aus der katholischen Soziallehre stammenden Prinzipien Subsidiarität und Solidarität hin. Dem Subsidiaritätsprinzip zufolge dürften auch bei Herausforderungen des Strukturwandels übergeordnete staatliche Stellen nur eingreifen, wenn die unteren Ebenen damit nicht selbst fertig würden. Das Solidaritätsprinzip wiederum betone die Angewiesenheit der Menschen aufeinander. "Mit Hilfe dieser eher allgemeinen Kriterien können konkrete Lösungsvorschläge diskutiert werden", sagte der Bischof.

Bevor es um mögliche Lösungen ging, präsentierte aber Prof. Dr. Ulrich van Suntum vom Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen der Universität Münster die aktuellen Herausforderungen. Dabei konzentrierte er sich auf die "demografischen Probleme, weil sie die erste Ursache für den Strukturwandel sind."

Um seine Bevölkerungszahl annähernd konstant zu halten, müssten jährlich netto rund 300.000 Menschen zuwandern. Ohne Zuwanderung hingegen sei die Bevölkerungszahl auf keinen Fall zu halten. Wegen der Altersstruktur werde allerdings auch bei starker Zuwanderung die Zahl der Erwerbsfähigen sinken, besonders in einigen ländlichen Regionen. "Das Rentenzugangsalter ist die einzige Stellschraube gegen die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Arbeitswelt", betonte van Suntum.

Mit Blick auf Zuwanderer wies er darauf hin, dass rund ein Viertel von ihnen nach deutschen Maßstäben gering qualifiziert sei. Bei den Flüchtlingen seien es laut Prognosen sogar rund 80 Prozent. Vor diesem Hintergrund benannten van Suntum Lösungsansätze: "Wir müssen mehr ausbilden, für höhere Bildung sorgen, die Potenziale Älterer und von Frauen noch mehr nutzen, die gezielte Zuwanderung von Fachkräften fördern, das Pendeln erleichtern und die formalen Qualifikationen durchlässiger gestalten, indem wir prüfen, welche ausländischen Abschlüsse wir anerkennen können."

Im anschließenden Podiumsgespräch, das Dr. Martin Dabrowski vom Franz Hitze Haus moderierte, stellte zunächst Hermann Eiling, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Münster, deren Strategien im Strukturwandel vor. "Wir brauchen Zuwanderung", bestätigte auch er, "und wir brauchen mehr Hinführung zum Handwerk und weniger Akademisierung."

Wolfgang Witte, Geschäftsführer der perbit Software GmbH aus Altenberge, unterstrich, dass zum einen "ein Wettbewerb der Regionen" um Fachkräfte bevorstehe. Zum anderen benannte er das "Altern in den Betrieben" und das "gleichzeitige Führen mehrerer Generationen" als zentrale Herausforderung für die Unternehmen.
Dass der Strukturwandel neben dem demografischen Wandel vor allem auf Digitalisierung und Globalisierung zurückzuführen ist, verdeutlichte Dr. Jürgen Grüner, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Kreis Coesfeld GmbH (wfc). Die wfc mache sich daher vor allem für einen Ausbau der digitalen Infrastruktur und die Unterstützung des Mittelstandes stark.

Neben Bildung und Ausbildung kristallisierte sich in der abschließenden Diskussion im Plenum vor allem ein Schwerpunkt heraus, den unter anderen Ulrich van Suntum auf den Punkt brachte: "Es ist wichtig, dass wir den bürokratischen Irrsinn zumindest in seinem Wachstum stoppen." Äußerungen wie diese erhielten immer wieder den spontanen Applaus der Gäste.

Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de