Lernen als Beziehungsgeschehen – das ist die Maxime von Gregor Rüter. Und so hat er seine Zeit am bischöflichen Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg (AHBK) gestaltet. Nach 32 Jahren, 16 davon als Schulleiter, verabschiedet sich der 63-Jährige zum Ende des Schuljahres in den Ruhestand.
Nach dem Studium in Dortmund und Münster sowie dem anschließenden Referendariat in Hannover kam Rüter mit den Fächern Musik, Deutsch und Erdkunde nach Recklinghausen. „Ich bekam eine Stelle am AHBK. Daraus ist für mich ein Arbeitsplatz des Lebens geworden“, berichtet der gebürtige Dattelner, der mit seiner Familie in Olfen lebt. Zu dieser Zeit war das Alexandrine-Hegemann-Berufskolleg eine reine Fachschule für Sozialpädagogik. Zu seinen Aufgaben gehörten unter anderem die Praxisbegleitung der Studierenden von der Kita über die Offene Ganztagsschule bis zur stationären Jugendhilfe. „Mir macht es bis heute viel Freude, die jungen Menschen in ihren jeweiligen Feldern zu begleiten. Schnell war mir klar: Das ist meine Schule“, gibt Rüter lachend zu. Das habe sich über die mehr als drei Jahrzehnte nicht verändert. „Ich gehe immer noch gern in den Unterricht. Ich habe Freude daran, mit Menschen in Begegnung zu sein und dann zu spüren, dass ich durch meine Impulse vielleicht Interesse und Neugier bei anderen wecken kann. Ein wunderbares Gefühl ist es, wenn es Früchte trägt“, sagt er.
Familiär, heimelig, interreligiös sowie interkulturell geht es in der Schule zu, die inzwischen verschiedene Bildungsgänge anbietet. „Unsere Schulgemeinde ist ein Abbild der Gesellschaft. Als Schulleitung ist es wichtig, mit welchem Menschenbild man unterwegs ist“, betont Rüter. Für ihn gehörten dazu Wertschätzung, Ermutigung und Glaube. „Jeder wird mit seinen Stärken und Schwächen angenommen wie er ist. Das ist nicht immer einfach, aber es ist wichtig“, sagt er. Als Schulleiter sei er in ein Kollegium eingebunden. „Das hier ist nicht meine Schule, sondern unsere Schule, die wir gemeinsam gestalten“, stellt er klar.
In den vergangenen Jahren sei ihm ein erhöhter Beratungs- und Betreuungsaufwand aufgefallen. „Wir sind froh, dass wir uns über die Schulstiftung mit der Maristenrealschule und der Erich-Klausener-Schule in Herten einen Schulsozialarbeiter teilen. Es ist wichtig, dass jemand jenseits der Bewertungssituation für die Schülerinnen und Schüler da ist“, bewertet er das Pilotprojekt. Insgesamt brauche es ein neues Nachdenken darüber, wie Schule gestaltet werden kann. „Da spielen Künstliche Intelligenz, Beratung und Betreuung mit hinein sowie die Auseinandersetzung mit den kleinen Tageskrisen, die bei den jungen Menschen auflaufen. Sie haben sich ebenso verändert wie auch das Elternbild. Die Systeme wie Schule oder Kita können das nicht mehr leisten“, ist er überzeugt. Schule sei ein Sozialraum für viele, ein Ort der Begegnung und Kommunikation. „Und ein Ort, der ein Verständnis für Demokratie und ein Leben in Freiheit vermittelt sowie die Schülerinnen und Schüler in Prozesse einbezieht und ein demokratisch basiertes Denken und Handeln erlebbar macht. So Schule zu begreifen, ist die Herausforderung der Zukunft“, ist er sich sicher.
Dabei seien die Lehrkräfte Vorbilder. „Unsere Schülerinnen und Schüler lernen von uns, authentisch zu sein. Das Entscheidende ist das Tun. Das vermitteln wir in Projekten zum Beispiel mit der Gastkirche oder mit Geflüchteten“, erklärt Rüter. Neben der Persönlichkeitsbildung und der beruflichen Kompetenz sei es wichtig zu vermitteln, dass es ein Teil des Lebens sein kann, sich um andere zu kümmern. „Mein Ziel war es immer, sowohl dem Kollegium als auch den jungen Menschen zu vermitteln, unsere Schule nicht nur als Lern-, sondern als Lebensort zu erfahren“, betont er.
Auf die Frage nach einem Highlight in den vergangenen 32 Jahren überlegt Rüter und antwortet: „Ein besonderes Highlight gibt es nicht, eher ein immerwährendes Highlight: das ist das soziale Engagement der Schülerinnen und Schüler über die vielen Jahre hinweg. Sie haben es verstanden – natürlich auch kollegial angestiftet – nicht nur für sich, sondern in der Gesellschaft Verantwortung zu übernehmen und mit dem Bewusstsein die Schule verlassen, dass es da noch etwas anderes gibt“, hält er fest.
Mit Blick auf den Ruhestand werde er die Begegnung und den Austausch im Kollegium und mit den jungen Menschen vermissen. „Ich habe viel von ihnen gelernt wie ihren Blick auf diese Welt und die Wirklichkeit. Da konnte ich selber etwas entdecken und mitnehmen“, gibt er zu. Zunächst möchte sich Rüter eine Pause gönnen, mehr Zeit für die Familie haben, Wanderungen mit dem Hund unternehmen und sich seiner Leidenschaft, der Musik, intensiver widmen.