„Das Gute bleibt vor Gott und in den Herzen der Menschen geborgen“

„Eine traurige Stunde“. Dieses von Rektor Prof. Dr. Klaus Müller geäußerte Gefühl zu Beginn des letzten Gottesdienstes in der Dominikanerkirche an Münsters Salzstraße teilten am 12. November mehrere hundert Besucherinnen und Besucher. Denn die 1728 fertig gestellte Kir-che wurde im Beisein von Weihbischof Dr. Stefan Zekorn profaniert, also „entweiht“, und dient künftig anderen Zwecken

Gebäude hält Frage nach Gott offen

„Eine traurige Stunde“. Dieses von Rektor Prof. Dr. Klaus Müller geäußerte Gefühl zu Beginn des letzten Gottesdienstes in der Dominikanerkirche an Münsters Salzstraße teilten am 12. November mehrere hundert Besucherinnen und Besucher. Denn die 1728 fertig gestellte Kirche wurde im Beisein von Weihbischof Dr. Stefan Zekorn profaniert, also „entweiht“, und dient künftig anderen Zwecken.

Auch der Weihbischof gab in der Predigt der Trauer über das Ende der liturgischen Nutzung Raum. Doch sein aufmunterndes Fazit lautete: „Auch wenn dieses Gebäude keine Kirche mehr ist, so bleibt doch all das viele Gute, das hier gelebt wurde, vor Gott und in den Herzen der Menschen geborgen.“ Zekorn beleuchtete Vergangenheit und Zukunft des Gotteshauses. Dessen wechselvolle Geschichte – „eine Profanierung, nach Jahrzehnten die Wiedernutzung, dann die Kriegszerstörung und der langsame Wiederaufbau, und nun die zweite Profanierung" – verband er mit der künftigen Nutzung als Standort für das „Foucaultsche Pendel“, dem der Stadt geschenkten Kunstwerk von Gerhard Richter. „Nicht ist fest. Alles ist relativ“, das zeige die Historie der Kirche. „Interessanterweise wird diese Relativität des Lebens durch Richters Kunstwerk thematisiert und unterstrichen“, interpretierte Zekorn die Idee des Gegenwartkünstlers physikalisch und psychologisch. „Alles bewegt sich, alles ist relativ. Aber zeigen lässt sich diese bewegte Relativität nur durch einen festen Punkt, eben den Aufhängepunkt.“

Genau dieser feste Punkt, der in Zukunft in der Kirchenkuppel das Pendel hält, sei ein Symbol für den Glauben: Auch für das geistliche Haus der Kirche, nämlich für die Menschen, aus denen Christus seine Kirche forme, sei der „Aufhängepunkt“ entscheidend. Jesus Christus biete sich dort als Fixpunkt an, wo rational alles und faktisch vieles relativ sei. Obwohl dieses Gebäude in Zukunft keine Kirche mehr sei, halte doch allein seine Form und vielleicht auch das Kunstwerk von Gerhard Richter die Frage nach Transzendenz und Gott offen.

Im gut zweistündigen Gottesdienst, in dem viele Besucher stehen mussten, wurde auch Dank gesagt, vor allem Prof. Müller, der als Rektor 18 Jahre lang für die von der Universität genutzte Kirche die Verantwortung trug. Doch auch vielen anderen dankte der Weihbischof, zugleich im Namen von Bischof Felix Genn, der die Urkunde zur Profanierung unterzeichnet hatte: den Professoren, Zelebranten, Predigern, Küstern, allen, die die Kirche gepflegt und geschmückt sowie allen, die hier ihren Glauben gelebt hätten. Nicht umsonst waren mehr als 10.000 „Zehn-Minuten-Andachten“ in mehr als 40 Jahren Markenzeichen der Dominikanerkirche.

Am Ende des Gottesdienstes wurden das Ewige Licht und die Kerzen gelöscht sowie der Altartisch abgedeckt. Schließlich wurde das Allerheiligste, die Schale mit den geweihten Hostien, in einer langen Prozession aus dem nun weltlichen Gebäude durch die Innenstadt zur neuen gottesdienstlichen Heimat der Katholisch-Theologischen Fakultät, in die Lamberti-Kirche, getragen. Prof. Müller schloss die Kirche ab und versiegelte sie danach symbolisch mit gekreuzten Klebebändern. Für ihn und viele „eine traurige Stunde“.