Ringforum: Prof. Dr. Jürgen Manemann fordert neue Humanökologie

Was passiert, wenn die Menschen permanent wider besseres Wissen leben und handeln? Warum lebt der Mensch überhaupt gegen seine Überzeugungen?

Prof. Dr. Jürgen Manemann, Leiter des Forschungsinstitutes für Philosophie in Hannover, ist überzeugt, dass es an der Zeit ist für eine neue Humanökologie – insbesondere im Hinblick auf die jüngere Generation.

Darüber hat er am 12. Dezember beim vierten und letzten Abend des Ringforums "Ecce Homo" gesprochen, das das Kreisdekanat Steinfurt mit dem Katholischen Bildungsforum Steinfurt, dem Gertrudenstift Rheine-Bentlage und dem Hospiz "Haus Hannah" über das Jahr verteilt veranstaltet hat.

Humanökologie meint die Beziehungen des Menschen zu seiner Umwelt und untersucht die Wechselwirkungen zwischen beiden. In diesem Sinne ging Manemann auf die Thesen von Papst Franziskus zur Verantwortung des Menschen in der Umweltenzyklika "Laudato si" ein. "Wer nicht bereit ist, eigene Perspektiven neu zu denken, der betreibt reine Wiederholung", zitierte der Theologe und Philosoph Franziskus. Der Papst fordere die Menschen auf, Mut zu haben: "Er will Bewegung und eine neue christlich-politische Ethik." Papst Franziskus plädiere für eine "Kultur der Achtsamkeit", Achtsamkeit gegenüber den Schwachen. Im Zentrum stehe dabei die "Haltung des Herzens".

Eine Umfrage unter jungen Menschen habe ergeben, dass die meisten ohne Träume und Visionen leben. "Sie leiden unter Alternativlosigkeit", erklärte der Referent. Ihr Lebensgefühl lasse sich mit dem einer Rolltreppenfahrt vergleichen – es gehe zwar vorwärts, aber niemand könne Einfluss auf Richtung und Tempo nehmen.

In diesem Kontext warnte Manemann davor, die Zukunft als Verlängerung der Gegenwart zu sehen: "Zukunft ist das, was sich vom Gegenwärtigen unterscheidet." Und er fügte an: "Die Welt, wie wir sie uns vorstellen, wird es nicht mehr geben." Dass der Gedanke daran schwerfalle, räumte er ein. Doch: "Ohne Angst gibt es keine Zukunft." Angst treibe an und motiviere, Neues zu wagen.

In "Laudato si" mahne der Papst eine dringend notwendige kulturelle Revolution an. Franziskus lehne die technische Moderne in diesem Zusammenhang nicht generell ab, er übe jedoch Kritik an der weit verbreiteten Technikgläubigkeit. Er rufe dazu auf, Räume zu schaffen für sinnliche Erfahrungen. Manemann betonte: "Werte lassen sich nicht predigen, Werte muss man fühlen." Hilfreich dafür seien Geschichten und Bilder, wie der Papst sie in der Enzyklika nutze.

Abschließend forderte der Referent neue Bildungskonzepte, Achtsamkeitstraining und eine minimalistische Grundhaltung. Er appellierte an die Kirchen, sich von der Globalisierung abzuwenden und neuen Aufgaben zu stellen – und beispielsweise mitzuwirken, dass Städte resilient - also durch den Rückgriff auf persönliche und soziale Ressourcen krisensicher und widerstandsfähig - werden.

Bildunterschrift: Prof. Dr. Jürgen Manemann, Leiter des Forschungsinstitutes für Philosophie in Hannover, sprach er am 12. Dezember beim vierten und letzten Abend des Ringforums "Ecce Homo", das das Kreisdekanat Steinfurt mit dem Katholischen Bildungsforum Steinfurt, dem Gertrudenstift Rheine-Bentlage und dem Hospiz "Haus Hannah" über das Jahr verteilt veranstaltet hat.

Text: Bischöfliche Pressestelle / 13.12.2016
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