Wolfgang Traud: Von „oben“ vorleben mit mutigen Schritten

, Bistum Münster

Themen gibt es viele, Meinungen noch mehr. Nicht immer werden sie sachlich vorgebracht und ausgetauscht. Und viel zu oft bestimmen Empörung, Negativität, Ich-Bezogenheit und gegenseitige Attacken die Diskussionen. „Die Montagsmeinung“, das Meinungsformat des Bistums Münster, soll hier ein anderes Zeichen setzen. Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Kirche, die sich dem Bistum verbunden fühlen, setzen sich darin mit Themen auseinander, die für sie und andere relevant und aktuell sind. Die Autorinnen und Autoren lassen es aber nicht bei Klagen und Kritik. Sie haben vielmehr konstruktive Ideen und Lösungsansätze. Diese teilen sie mit uns an dieser Stelle alle 14 Tage montags.

In der heutigen Montagsmeinung schaut Wolfgang Traud auf kirchliche Veränderungsprozesse. Der 68-jährige Diplomingenieur lebt in Dinslaken. Er ist in St. Dionysius in Duisburg-Walsum als Wortgottesdienstleiter sowie als Trauer- und Beerdigungsbegleiter tätig. 

Wolfgang Traud

© Privat

Vor ungefähr einem Jahr war in der Zeitschrift Kirche+Leben die folgende Überschrift zu lesen: „Kirche hat gute Führung verdient“. Dem kann ich nur zustimmen: Gute Führung ist komplex und erfordert gute Führungskräfte. Gleichsam sollte ein guter Veränderungsprozess gestaltet sein. Dazu reicht es aber nicht, „das Gemeinschaftsgefühl zu stärken, sei es durch Projektchöre, gemeinsame Pilgerfahrten und durch zielgruppenorientierte Angebote, die einen größeren Kreis ansprechen.“ Dies alles immer auf der unteren Organisationsebene, der Pfarrei. 

In meinem Berufsleben habe ich zahlreiche Veränderungsprozesse erlebt und mitgestaltet. Insofern kann ich den Veränderungsprozess „Pastorale Räume“ und neue Formen von Leitung gut verstehen und beurteilen. Die Prozessleitung im Bistum verlangt den Gemeinden vor Ort bei diesem Thema allerdings einiges ab: weniger Personal, weniger Immobilien, Zusammenlegungen von Gemeinden, weite pastorale Räume und Einschränkungen auf allen Ebenen und so weiter. 

Um einen solchen gesamten radikalen Prozess nachhaltig und vor allem glaubwürdig zu gestalten beziehungsweise zu führen, müssen weitere, für den gesamten Prozess entscheidende Fragen beantwortet werden: Was passiert in der obersten Führungsebene? Welches Beispiel – auch bezüglich Organisation – wird dort gegeben? Ist die Veränderung nur durch die priesterliche Mangelverwaltung bestimmt, oder beruht sie auf innerer Überzeugung? Der Blick auf organisatorische Veränderungen greift zu kurz. Die Kernfrage lautet für mich: Wie geht es mit der Liturgie weiter? Wie werden Abendmahlsfeiern künftig möglich sein? Wie feiern wir Abendmahl, wenn kein Priester mehr da ist? Sind Priester bei jeder sakramentalen Tätigkeit erforderlich? Werden bei dem Veränderungsprozess diese Aspekte nicht völlig ausgeblendet? Warum gehen wir hier nicht mutig neue Wege? 

Ein absoluter überzeugender Veränderungsprozess fängt immer oben an, eben Veränderung auf allen Ebenen. Ich stelle mir einmal ganz radikale Lösungen vor: weniger Bischöfe, neue Köpfe für die Glaubwürdigkeit in der jetzigen Krise, weniger Bistümer, weniger Verwaltungszergliederung, weniger Vorgaben für die Gemeinden vor Ort, überzeugende Ehrenamtler künftig als „Spätberufene“ im Priesteramt.

Der Kernprozess – Gemeinde vor Ort - wird zum zentralen Strukturierungskriterium. Was benötigt eine Gemeinde vor Ort, und wie kann es ihr bereitgestellt werden, wie kann sie unterstützt werden? Ziel sollte es unter anderem sein, organisatorische Schnittstellen mit der Zentrale (mehr als 600 Mitarbeitende) zu minimieren.  

Aber: Veränderung beginnt oben! Ziel ist eine „Lernende Kirche“ über alle Ebenen.

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