Die Sendung der Kirche im Bistum Münster

Im Herbst 2011 hat der Diözesanrat die Präambel "Die Sendung der Kirche im Bistum Münster" verfasst. Sie ist die Grundlage für die Entwicklung des Diözesanpastoralplans wie auch der Leitbilder und Pläne auf allen Ebenen des Bistums.

I. Unser Heute

Titelseite der Broschüre "Die Sendung der Kirche im Bistum Münster".

Broschüre "Die Sendung der Kirche im Bistum Münster" – zum Download bitte das Bild anklicken!

"Die Welt ist Gottes voll“ (Alfred Delp, Meditation vom 17.11.1944), weil Gottes Geist sich in der Zeit zeigt, die Kirche von Anfang an bis heute begleitet und in jedem und jeder Getauften und Gefirmten lebendig ist.

Dennoch ist der Weg der Menschen heute mit Gott nicht ein fragloser und selbstverständlicher. Auch die Kirche im Bistum Münster befindet sich in einem Veränderungsprozess: Traditionen brechen weg. Selbstverständlichkeiten des religiösen Lebens werden in Frage gestellt. Die Strukturveränderungen in den Gemeinden und der Streit um Reformen in der Kirche haben Enttäuschungen und Verletzungen hinterlassen und stellen uns vor neue Herausforderungen.

Wie ist unter diesen Bedingungen Christsein möglich? Wie kann Seelsorge so ausgerichtet werden, dass sie dem Auftrag des Evangeliums und der Sendung der Kirche entspricht? Diese Fragen zu stellen, bedeutet nicht, die Kirche neu erfinden zu müssen. Wir haben teil am Erbe der großen Tradition der Kirche.

Wir schauen auf Paulus und Liudger zurück. Wir dürfen auch heute stolz sein auf den Einsatz vieler Frauen und Männer. Nicht zuletzt kann uns der Blick auf die Kirche in anderen Ländern und Kontinenten inspirieren und den Rücken stärken.

II. Vorrang Gottes

Eine Kirche, die sich erneuern will, muss wissen, wer sie ist und wohin sie will. Was sie ist, erschließt sich im Glauben. Sie verdankt sich dem Wirken Gottes, das auch Offenbarung genannt wird. Gott kommt mit seiner Liebe in der Schöpfung, in der Hingabe seines Sohnes und in der Sendung des Heiligen Geistes auf uns zu, um uns mit sich zu vereinigen und Anteil an seinem Leben in Fülle zu schenken. In diesem Geschehen, das von Gott ausgeht, ist die Kirche dazu bestimmt, „Zeichen und Werkzeug der Vereinigung Gottes mit der Menschheit“ (II. Vat. Konzil, Lumen gentium, Nr. 1) zu sein.

Dieser Communio, das heißt, der Gemeinschaft Gottes mit den Menschen und der Menschen untereinander zu dienen, macht sie unverwechselbar. In dieser Sendung kann sie von anderen nicht vertreten werden.

III. Neue Aufmerksamkeit für Gott im Heute

Eine Signatur unserer Zeit ist die Gottvergessenheit, nicht nur außerhalb sondern auch innerhalb der Kirche. Angesichts dieser Situation hat die Kirche den Auftrag, die Erinnerung an Gott wach zu halten. Es gilt, Wege für Menschen aller Milieus zu erschließen, den Gott und Vater Jesu Christi zu finden, besser noch: sich von ihm finden zu lassen und ihm nachzufolgen.

Dies setzt voraus, dass unsere Gemeinden Orte sind, in denen die Aufmerksamkeit für das Geheimnis Gottes geweckt und die Menschenfreundlichkeit unseres Gottes in Wort und Tat bezeugt wird. Dies geschieht vor allem im Hören auf das Wort Gottes und in der Feier der Eucharistie, Hand in Hand mit einer wachen Wahrnehmung der Wirklichkeit, in der die Menschen leben und in der uns Gottes Anruf begegnet. Denn „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi“ (II. Vat. Konzil, Gaudium et spes, Nr. 1).

IV. Wertschätzung und Vertrauen

Nur in einem Klima des Vertrauens und gegenseitiger Wertschätzung kann Seelsorge gelingen. Dabei ist zu bedenken: Vertrauen kann nicht einfach gemacht oder gar angeordnet werden. Vertrauen kann nur durch Vertrauen gestiftet werden.

Grundlegend für eine neue Kultur des Vertrauens in unserer Kirche ist der Glaube an die Treue Gottes und die in diesem Glauben mögliche Gelassenheit – auch in schwierigen Zeiten. Ferner beruht sie auf der Überzeugung, dass alle Getauften und Gefirmten zum Volk Gottes gehören, dessen Herr und Einheitsgrund Jesus Christus ist. Das gemeinsame Priestertum aller Getauften und Gefirmten befähigt Bischöfe, Priester und Laien, in der Verschiedenheit ihrer Dienste am Aufbau des Reiches Gottes und an der Heiligung der Welt mitzuwirken.

Ein Schatz der Kirche sind die Menschen mit ihren unterschiedlichen Begabungen und Fähigkeiten. Es gilt diese Charismen zu entdecken, wert zu schätzen und ihnen vertrauensvoll Räume zu eröffnen. Achtung und Wertschätzung der Anderen können den Blick öffnen für besondere Gaben des Heiligen Geistes und für brachliegende Möglichkeiten, am Aufbau der Gemeinden mitzuwirken, Wege zur Einheit der Christinnen und Christen zu gehen und im Vertrauen auf die Gegenwart Gottes in allen Menschen den Dialog mit allen Religionen zu pflegen.

V. Für die Menschen

Die Kirche ist kein Selbstzweck. Sie weist über sich hinaus. Sie ist Zeichen und Werkzeug des anbrechenden Reiches Gottes. Die Kirche lebt in ihren Zeuginnen und Zeugen. Alle, die sich für ein Leben in der Kirche entschieden haben, leben ihr Christsein nicht nur für sich selbst, sondern immer auch für andere. Ein profilierter Lebensentwurf und authentisch wirkende Personen finden auch heute Beachtung.

Das Zeugnis der Christinnen und Christen drückt sich besonders in der Nächstenliebe aus, in der Sorge für Arme, Kranke, Alleinstehende und Fremde, aber auch im Dienst an der Gerechtigkeit und im Einsatz für das Leben, die Würde und die Freiheit jedes Menschen und damit dem Frieden zu dienen.

Das Zeugnis geschieht indirekt durch die Art, wie wir Menschen wahrnehmen und Kontakte pflegen, in der Pflege der Gastfreundschaft und in der Bereitschaft zu kulturellem und öffentlichem Engagement.

Es wird eine wichtige Aufgabe der Seelsorge sein, Christinnen und Christen zu ermutigen, häufiger und selbstverständlicher und mit demütigem Selbstbewusstsein von Gott zu anderen zu sprechen.

„Der Christ weiß, wann es Zeit ist, von Gott zu reden, und wann es recht ist, von ihm zu schweigen und nur einfach die Liebe reden zu lassen“ (Benedikt XVI., Deus caritas est, Nr. 31).