„10+1 Jahre Kloster Vinnenberg“

, Kreisdekanat Warendorf

13 Jahre liegt der Besuch zurück, der großen Eindruck bei Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck hinterlassen hat. In seiner Funktion als Administrator des Bistums Münster hatte er 2008 das Kloster Vinnenberg im Kreis Warendorf besucht, um eine Idee von Carl Möller zu prüfen. Der Psychoanalytiker und Priester des Bistums wollte in dem fast 800 Jahre alten ehemaligen Zisterzienserinnen- und Benediktinerinnenkloster einen Ort der Sinnsuche gründen. „Ich habe sofort gespürt, dass es sich lohnt, dieses Anliegen weiterzuverfolgen. Das habe ich getan und mich bei der Entscheidung nicht beirren lassen“, blickte Essens Bischof am 4. Juli zurück.

Bischof Overbeck erklärte mit Blick auf die Entscheidung zur Wiedergründung des Klosters vor elf Jahren: „Ich habe sofort gespürt, dass es sich lohnt, dieses Anliegen weiterzuverfolgen.“

© Bistum Münster

Anlässlich des Jubiläums „10+1 Jahre“ der Wiedergründung des Klosters Vinnenberg als „Sinn-Bildungshaus“ war der Ruhrbischof nach Milte gekommen. Zusammen mit Weihbischof Dr. Stefan Zekorn und Hausleiter und Rektor der Wallfahrtskirche Dr. Carl Möller sowie rund 200 Gläubigen, Förderern und Vertretern aus Politik und Gesellschaft feierte Overbeck einen festlichen Gottesdienst unter freiem Himmel, der von einer Schola und Musikerinnen und Musikern mitgestaltet wurde. Aufgrund der Corona-Pandemie waren die Feierlichkeiten um ein Jahr verschoben worden.

Overbeck bezeichnete das Kloster in seiner Predigt als einen Ort, „an dem der Suche eine Sprache“ gegeben wird und an dem gesellschaftliche und kirchliche Perspektiven und Fragen zusammenkommen. Zu den großen Quellen der Erneuerung der Kirche habe immer das Gebet gehört, erklärte der Ruhrbischof: „Die Kontemplation, wie sie ihr im Kloster gepflegt wird, bedeutet, sich leer zu machen, um sich von Gott finden zu lassen, und offen zu werden für das Neue.“ 

Overbeck hob neben der Gebetstradition die Seelsorge im Kloster Vinnenberg hervor. „Als Seelsorgende müssen wir Zeitgenossinnen und Zeitgenossen der Menschen von heute und ihrer Suche sein“, betonte er und äußerte die Vermutung, dass sich der Anteil an getauften Christinnen und Christen in Deutschland im Laufe der nächsten zehn Jahre auf höchstens 50 Prozent reduzieren werde. „Wenn wir dem Anspruch der Kirche, für alle Menschen da zu sein und mit allen zusammen Suchende zu sein, genügen wollen, müssen wir auch auf die Sympathisanten hören, die Heil suchen, die Nähe brauchen und die Gemeinschaft erfahren wollen“, sagte Overbeck. Erneuerung der Kirche bedeute, diese Entwicklungen ernst zu nehmen.

Der Suche eine Sprache zu geben äußere sich außerdem in der Frage nach einer „christlichen Werteorientierung in einer Welt, in der wir nicht einfach volkskirchlich so weitermachen können wie bisher“. Für eine zeitgenössische Werteorientierung bedürfe es eines genauen Blickes in die heutige Wirtschaft und Politik, sagte Overbeck und konkretisierte: „Es bedarf der Klugheit des Kompromisses und einer klugen Form der Entschiedenheit gegen Extremismus von rechts und links, und der Entschiedenheit, sich den Heimatbegriff nicht stehlen zu lassen, sondern ihn in die Mitte der Gesellschaft zu holen.“ Konkret verbunden seien diese Überlegungen mit Fragen nach Solidarität und Subsidiarität sowie nach der Würde des Menschen und des Umgangs mit dem Anfang und dem Ende des Lebens. 

Suchen bedeute auch „besuchen“, verdeutlichte Overbeck und bezeichnete das Kloster Vinnenberg als Ort der Gastfreundschaft: „Sich mit dem vertraut machen, was einem scheinbar fremd ist, alle Mauern abbauen, aber die Würde und das Ansehen jedes Menschen aufrecht erhalten – das gehört wesentlich zur Werteorientierung in unserer Welt.“ Mit dieser Überzeugung würden alle Menschen zu Pilgerinnen und Pilgern, sagte der Bischof und schlug damit die Brücke zum Kloster Vinnenberg als Wallfahrtsort, der jedes Jahr von vielen Menschen aufgesucht wird, die zur „Muttergottes vom Himmelreich“ pilgern. Am Ende des Lebens erfülle sich das Himmelreich bei Gott, doch schon auf Erden werde es konkret – zum Beispiel an einem Ort wie dem Kloster Vinnenberg, „der die Pluralität der Welt hineinnimmt in die Einheit eines Glaubens und in das Wagnis eines zu gestaltenden Lebens“, schloss Overbeck. 

Auch Weihbischof Zekorn, Regionalbischof unter anderem für das Kreisdekanat Warendorf, würdigte das Kloster als „Ort der wohltuenden Stille“ und der „geistlichen Entfaltung“. Darüber hinaus sei es ein Ort der „gelebten Ganzheitlichkeit“. „Beten braucht die Ergänzung durch das körperliche Tun“, erklärte er den Grundsatz, den schon die Benediktinerinnen mit „Ora et labora“ („bete und arbeite“) verfolgt hätten. Beeindruckt zeigte sich Zekorn außerdem davon, dass Menschen im Kloster Vinnenberg immer wieder eine geistige Erneuerung erfahren. „Jede und jeder wird hier mit den eigenen Stärken, aber auch Schwächen angenommen.“ Er dankte Pfarrer Möller und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Klosters für ihren Einsatz und überbrachte Grüße von Münsters Bischof Dr. Felix Genn.

Dem Dank schlossen sich Landrat Dr. Olaf Gericke und Warendorfs Bürgermeister Peter Horstmann in Grußworten an. Das Kloster Vinnenberg sei „ein Geschenk“ und längst aus Kreis und Stadt nicht mehr wegzudenken. 

Auch Pfarrer Carl Möller dankte den vielen Unterstützern und Förderern des Klosters, das seit Wiedergründung privatwirtschaftlich geführt wird. Mit großer Freude blicke er auf das Jahrzehnt zurück, in dem das Kloster Vinnenberg vielen Menschen das Gefühl eines sinn-erfüllten Lebens im Glauben geschenkt habe. Besonders dankte er Bischof Overbeck für sein Kommen. Dieser habe damals die Zeichen der Zeit erkannt und – allen Widerständen zum Trotz – den Wiederaufbau des Klosters tatkräftig unterstützt.

Ann-Christin Ladermann