50 Jahre Ökumene im Oldenburger Land – eine Segensgeschichte

Seit 1966 treffen sich im Oldenburger Land Vertreter der katholischen und evangelischen Kirche zum kollegialen Austausch.

Vergleichbare Gespräche hat es damals in Deutschland nicht gegeben. Bei den Treffen – über achtzig gab es bisher - werden alle Themen und Probleme besprochen. Mit einem ökumenischen Festgottesdienst in der Klosterkirche, den die Bischöfe Dr. Felix Genn, Bischof Jan Janssen und Weihbischof vor einigen Hundert Gläubigen zelebrierten, und einem Festakt im Foyer des Rathauses feierten die Kirchen heute dieses Jubiläum.

Als Erfolgsgeschichte und Segensgeschichte beschrieb Bischof Genn die Geschichte der Gespräche. Er sei dankbar, dass die damaligen Bischöfe nach Ende des II. Vatikanischen Konzils aufeinander zugegangen seien und sich "durch alles Geröll, das sich im Laufe der Geschichte zwischen unseren Kirchen angesammelt hatte, einen Weg gebahnt haben." Landesbischof Gerhard Jacobi sei dabei auf seinen katholischen Amtsbruder Bischof Dr. Joseph Höffner zugegangen. Er selbst, sagte Genn, habe sich auf die Begegnungen mit der Oldenburgischen Landeskirche immer gefreut. "Sie waren geschwisterlich, geistlich, theologisch fundiert, wir ließen einander teilnehmen an den Sorgen und Fragen, die uns gemeinsam bewegen." In diesen 50 Jahren sei wieder auf dem gemeinsamen Erbe aufgebaut worden, das 1.500 Jahre verbunden habe.

"Bis heute erfreuen wir uns an ihren ersten Schritten, in deren Richtung wir weitergehen wollen und sollen", sagte der Bischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Oldenburg, Jan Janssen, in seiner Predigt. "Machen wir uns also weiterhin auf den Weg zueinander. Und gehen wir nicht mehr argwöhnisch und lauernd vor", ermunterte er die Gläubigen. Die Ökumene sei nicht nur auf "die leichte Schulter der Machbarkeit zu nehmen", mahnte Janssen. Und den Dialogpartnern sei wohl bewusst, "was wir einander an Schaden oder Spott angetan haben, an Verachtung oder Verwerfung, und wie schmerzhaft die Abgrenzung zwischen den Gemeinden oder in Familien häufig war, wenn zwei Menschen liebend, jedoch eben konfessionsübergreifend zueinander fanden." Heute sei es wohltuend, "wenn wir auch als Kirchen in den Fürbitten an den Dienst der anderen und ihre Mitarbeit am Reich Gottes denken". In der biblischen Geschichte von der Aussendung der Jünger habe Jesus diese immer zu zweit auf den Weg geschickt. "Schon da beginnt die Ökumene", sagte Janssen. Niemand glaube, er sei allein auf der Welt.

In kurzer Zeit viel erreicht
Beim anschließenden Festakt würdigte Oberkirchenrat i.R. Prof. Dr. Rolf Schäfer den Verlauf der Ökumene. "Wir stehen einander nicht nur mit aufrichtiger, menschlicher Hochachtung gegenüber, sondern danken Gott dafür, dass wir einander als Schwestern und Brüder begegnen können", lautete sein Fazit. Zwar habe es zu Beginn der Gespräche drei Jahre benötigt, um das gegenseitige Vertrauen so weit zu vertiefen, dass die am Dialog Beteiligten 1970 in einem öffentlichen Gottesdienst miteinander beten konnten, "doch sollten wir bedenken, dass 500 Jahre Trennung, Misstrauen und Schweigen in erstaunlich kurzer Zeit überwunden worden sind", betonte Schäfer, der von 1971 bis 1994 selbst an den Gesprächen teilgenommen hatte.
Was bei der gegenseitigen Anerkennung der Taufe schnell gelungen war, habe beim Sakrament der Eucharistie oder des Abendmahls noch nicht vollendet werden können. Bei den Gesprächen sei es u.a. um die Beratungsstelle für Ehe-, Familien- und Lebensfragen gegangen, um kirchensoziologische Umfragen über die Stabilität der Kirche, um Friedensbewegung, Tod und Sterbehilfe, das Kruzifixurteil des Bundesverfassungsgerichtes oder um konfessionellen Religionsunterricht. Überall sei klar geworden: "Wenn wir Volkskirchen bleiben wollen, dann nur gemeinsam", sagte Schäfer.

Dass die Kirchen nur gemeinsam etwas erreichen können, bestätigten auch Prälat Dr. Karl Jüsten, Leiter des Kommissariats der deutschen Bischöfe in Berlin, und Prälat Dr. Martin Dutzmann, Bevollmächtigter des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union.

Die Beteiligungsmöglichkeit der Kirche an der Politik sei unterschiedlich, erläuterte Dutzmann, der wie Jüsten an der Schnittstelle zwischen Politik und Kirche arbeitet. Beim Thema der begleiteten Sterbehilfe hätten die Kirchen ihre Positionen gut einbringen können, bei der Flüchtlingsthematik würden sie kaum gehört. Doch sie würden in vielen Themen eng zusammen arbeiten wie z.B. bei nachhaltiger Landwirtschaft, TITIP, Finanzen, Gesprächen mit Ostkirchen und islamischen Gruppen oder Positionen zum Krieg in Syrien und im Irak. Wollten die Kirchen in der großen Politik mit ihren Ansichten gehört werden, gehe es nur gemeinsam. Das werde von der Politik auch erwartet, machte Jüsten klar.

Bild: v.l. Weihbischof Heinrich Timmerevers und die Bischöfe Jan Janssen und Dr. Felix Genn im Gespräch

Text: Ludger Heuer, Vechta
Kontakt: Ludger.Heuer[at]bmo-vechta.de