„Auge in Auge“ – Stiftsmuseum zeigt Werke des Künstlers Gehard Demetz

, Kreisdekanat Wesel

Fast trotzig guckt das Mädchen, dessen Oberkörper durch spitze Maßwerkstreben durchbohrt wird, den Betrachter an. Es steht aufrecht, die Arme verschränkt, das Gesicht ernst. Daneben: Eine Figur der Heiligen Lucia, gefertigt Ende des 15. Jahrhunderts, dargestellt mit dem Schwert des römischen Kaisers Diokletian, das ihr durch den Hals getrieben wurde. Mit einem Lächeln erträgt sie ihr Martyrium.

Thomas Hensolt lädt in die Sonderausstellung mit Werken von Gehard Demetz ins Xantener Stiftsmuseum ein.

© Bistum Münster

Thomas Hensolt, Kunsthistoriker und seit Anfang des Jahres Ausstellungskurator im Stiftsmuseum Xanten, verharrt einen Moment bei den beiden Figuren, die Teil der aktuellen Sonderausstellung „Auge in Auge“ des Museums sind. „Gehard Demetz, der 1972 in Bozen geboren wurde und im Grödnertal in Südtirol lebt, ist vor allem für solche Darstellungen von Kindern bekannt“, sagt er und deutet auf das Mädchen. „Durch seine Arbeitsweise wirken seine Figuren, als wären sie in ihren Bewegungen eingefroren und ihre Gesichter im Moment großer Emotionen erstarrt“, erklärt er. Anders als bei Lucia, deren Lächeln zeigt, dass sie um ihre baldige Aufnahme in die Gemeinschaft der Heiligen weiß, seien aus dem Gesicht des Mädchens weder ihre Ziele noch Ideale abzulesen. Gemeinsamkeiten und Gegensätzlichkeiten prägen alle Werke, die in zwei Räumen des Museums ausgestellt werden. Jedem modernen Objekt wird ein mittelalterliches Stück aus dem Bestand des Stiftsmuseum gegenüber gestellt.

Neben den Kinderfiguren zeigt die Ausstellung auch Werke, die an Objekte aus dem Altarraum katholischer Kirchen erinnern, nämlich an einen Tabernakel und eine Monstranz. Aus Holz geschnitzt, sind sie mit silberglänzendem Lack überzogen. „Der Künstler nutzt in seinen Werken immer wieder christliche Symbole, allerdings deutet er sie um und fordert so zum Dialog und zur Auseinandersetzung mit ihnen auf“, erklärt Hensolt. Zum Teil, sagt er, seien die Kunstwerke durchaus provokant, „sie setzen sich mit dem Zustand der Kirche auseinander.“ Doch gehe es Demetz nicht darum, die Gefühle der Betrachter zu verletzen, sondern darum, sie zum Nachdenken einzuladen.

Ein Aspekt, der auch Museumsleiterin Claudia Kienzle wichtig ist: „Es geht in der Ausstellung nicht darum, den Glauben zu verunglimpfen oder jemanden vorzuführen. Wir möchten hier der Vielseitigkeit von Kunst einen Raum geben und neben den historischen Werken auch zeitgenössische Kunst zeigen und damit eine Plattform sein für anregende Diskussionen oder auch für nachdenkliche persönliche Impulse“. Besucherinnen und Besucher des Museums erhalten auf einem Faltblatt zahlreiche Informationen über den Künstler und seine Arbeit, neben offenen Führungen werden außerdem thematische Rundgänge zur Sonderausstellung angeboten. Informationen dazu gibt es an der Kasse des Stiftsmuseums, Telefon 02801 9877820, und auf der Internetseite des Museums. Das Museum ist dienstags bis samstags von 10 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet, der Eintritt ist. 

Christian Breuer