In seiner Predigt ging er auf den Traditionsbruch ein, der sich in der Kirche vollziehe. „Menschen finden aus unserer Botschaft nicht mehr Nahrung für ihr Leben, sie haben das Vertrauen verloren und stellen die Glaubwürdigkeit der Kirche so in Frage, dass sie ihr den Rücken kehren“, sagte der Bischof. Er verstehe den schmerzlichen Prozess, den er im Bistum mitgestalten müsse, als eine Zeit notwendiger, aber auch heilsamer Reinigung. „Denn es bleibt die grundlegende Botschaft, die uns durch Jesus Christus überkommen ist und für die er einsteht. Es gibt für uns Menschen etwas, das nicht ein Verfallsdatum trägt, sondern Ewigkeitsgarantie bedeutet“, betonte Genn. Als Gefahr bewertete der Bischof Kräfte in der Kirche, die sich abgrenzen wollten, die die kleine Herde betonten und von den Bischöfen verlangten, „einmal so katholisch zu sein, damit klar ist, wo die Grenzen liegen und andere nicht mehr dazugehören können. Jesus warnt davor.“ Er sehe eine Mahnung zu einer großen Wachsamkeit und Sensibilität, zu spüren, dass manche Zeitgenossen zwar nach außen hin den Kontakt mit der Kirche nicht unmittelbar hätten, aber in einer tiefen Sehnsucht und Suche nach dem Glück und dem Heil seien, das mehr halte als das, was bis zum zeitlichen Ende des Lebens gelte. „Mit diesen Menschen ins Gespräch zu kommen und zu hören, was sie uns als gläubige Christen zu sagen haben, das ist die Weite und Wachsamkeit, die von uns verlangt wird und nicht ihre Aburteilung“, rief Genn die Gottesdienstbesucher auf.
Was vor 900 Jahren Otto und Gottfried von Cappenberg ausgezeichnet habe, übertrug der Bischof in die heutige Zeit. Je identischer jemand in seiner Überzeugung sei, umso weiter und offener könne er ins Gespräch kommen. Je mehr er selbst Stand besitze, umso stärker sei er fähig in den Dialog mit vielen anderen zu treten, die nicht unmittelbar seine Glaubensüberzeugung teilten. „Aber er oder sie sind trotzdem in der Lage, ein starkes Zeichen zu setzen, an dem man ablesen kann: Ihnen ist es ernst mit der Botschaft Jesu, die allen Menschen gilt“, schloss der Bischof seine Predigt.
Zum feierlichen Charakter des Gottesdienst trug auch die Musik bei. Der Kammerchor „Verina Ensemble“ unter der Leitung von Kantor Dr. Hans-Joachim Wensing aus St. Christophorus Werne und das Barock-Orchester Münster brachten die Krönungsmesse von Wolfgang Amadeus Mozart zu Gehör. An der Chororgel spielte Kantor Heiko Ittig und an der Orgel Kantorin Monika Löchter.
Nach Grußworten des Landrats des Kreises Unna, Mario Löhr, und des Selmer Bürgermeisters Thomas Orlowski überreichte Prof. Dr. Alfons Rinschede vom Kirchenvorstand der Pfarrei St. Johannes Evangelist dem Bischof einen Stein der Kirche.
Nach dem Gottesdienst begann ein Fest der Begegnung rund um die Kirche. In einer Podiumsdiskussion, die Beate Mens vom Pfarreirat moderierte, sprachen unter anderem Martin Muosayir, Generalvikar in der Diözese Damongo in Ghana, Theologiestudentin Annika Reibetanz, Prämonstratenser Clemens Dölken und Dr. Ralf Hammeke, Verwaltungsdirektor des Bistums Münster, über die „Botschaften des Glaubens – glauben verkünden, Glauben feiern, Glauben leben“. Interessierte hatten die Möglichkeit, an einer von zwei Kirchenführungen durch die aufwändig renovierte Stiftskirche teilzunehmen, und der Abt der Abtei Hamborn, Albert Dölken, stellte das Bilderbuch für Jung und Alt „Gottfried von Cappenberg“ vor. Der Tag endete mit einem Orgelkonzert mit Peter Bartetzky unter dem Motto „A little bit British“.
Michaela Kiepe