Christiane Bernshausen auf den Spuren der Inklusion beim Domjubiläum
Barrierefreiheit für gehandicapte Besucherinnen und Besucher des großen Festes: "Viele gute Ideen sind verwirklicht worden".
Christiane Bernshausen aus Dülmen-Merfeld ist angetan von dem, was während der Domjubiläums-Tage für Menschen mit Behinderungen angeboten wurde und wird. "Sieht man das ein wenig als Generalprobe für einen Katholikentag 2018 in Münster, könnte aber sicher noch die eine oder andere Verbesserung eingebaut werden", sagt die 47-Jährige, die nahezu gänzlich erblindet ist.
Sich vor Wochen einen ersten Überblick über das Programm des Domjubiläums zu verschaffen, hat Christiane Bernshausen gut 90 Minuten gekostet. "Mein Computer-Sprachausgabeprogramm hat das von der Bistumsseite heruntergeladene Dokument mit Punkt, Komma und Absatz nahtlos vorgelesen", musste sie viel Geduld und Konzentration mitbringen. "Ein Audio-Dokument oder eine gegliederte Fassung, bei der nicht alle Satzzeichen mitgelesen werden, könnte die Orientierung wesentlich vereinfachen", regt sie deshalb an. Und dass sie buchstäblich erst in letzter Minute erfahren hat, dass man für manches Angebot einen Teilnehmerausweis braucht, hätte fast die Vorfreude getrübt.
"Alleine hätte ich bei meiner Behinderung diesen Münsterbesuch nicht unternehmen können", vermisst die Dülmenerin, die seit rund zehn Jahren aufgrund einer Netzhauterkrankung zunehmend ihre Sehkraft verliert, vor allem ihre frühere Mobilität und Flexibilität. Doch sie hat mit Monika Henn eine Freundin an ihrer Seite, die sie neben dem Langstock sicher durch das Gewühl zwischen Prinzipalmarkt, Domplatz und Schlossplatz begleitet. "Ich lerne viel von ihr, wir ergänzen uns gut", hatte diese gerne zugesagt, den Tag in Münster mit zu verbringen.
Begeistert ist Bernshausen von den Möglichkeiten, spezielle Führungen durch den St. Paulus-Dom zu bekommen. "Ob für Menschen im Rollstuhl oder mit Gehbehinderung, für Hörgeschädigte, für Sehbehinderte und Blinde – durch technische Hilfsmittel, durch Gebärdendolmetscher oder speziell in Leichter Sprache geschulte Domführer lässt sich die Kathedrale für alle gut erschließen", findet die Dülmenerin. Sie hat übrigens vor kurzem mit einem Vertreter des Referates Seelsorge für Menschen mit Behinderungen/ Krankenseelsorge einen wahren Schatz gehoben: "Man hat in einem Koffer mehrere Dom-Tastobjekte aus Holz wiederentdeckt, die einmal eine Doktorandin gebaut hatte". Dabei haben ihr besonders das Architektur-Modell, der Grundriss und die Fensterformen einen handfesten Eindruck von Gestalt und Größenrelationen des Bauwerks vermittelt. "So etwas könnte man bei Führungen gut einsetzen", schlägt sie deshalb vor.
Begrüßen würde sie im Übrigen auch so genannte "taktile" Stadtpläne, also tastbare Papiere, die die räumliche Orientierung wesentlich erleichtern.
Wie viele kleine und große Barrieren sich Menschen mit Handicaps in den Weg stellen, das fällt meist erst im engeren Kontakt mit Betroffenen auf. "Deshalb ist es mein Anliegen, die Bedarfe von Menschen mit Behinderung in den neugegründeten Inklusionsausschuss meiner Heimatpfarrei einzubringen. Denn Kirche soll für alle Menschen zugänglich sein, ob mit oder ohne Handicap", erzählt Bernshausen von diesen kleinen Dingen, die allein schon den Gottesdienstbesuch schwierig machen: "Liednummern auf der Leuchttafel sind für uns Sehbehinderte nutzlos – eine kurze Ansage würde aber helfen".
Während die Mutter zweier Kinder, die gemeinsam mit Begleiterin Monika auch im heimischen Kirchenchor singt, mit dem Kopfsteinpflaster in Münsters Innenstadt ebenso wie mancher Rollstuhlfahrer hadert, kennt ihre Begeisterung für die grellgelben Übergänge, die über die armdicken Kabel auf dem Domplatz leiten, keine Grenzen: "Die kann ich noch gut wahrnehmen!". Was den beiden positiv aufgefallen ist: "Die Hilfsbereitschaft ist sehr groß und an den Ständen wird freundlich und viel erklärt".
Inklusion also auf einem guten Weg, doch es bleibt, nicht nur für Sehbehinderte, noch einiges zu tun. "Wir geben gerne Hinweise, wenn man uns fragt", bietet Bernshausen an. Wer sollte es auch besser wissen als die Betroffenen?
Text: Bischöfliche Pressestelle
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