„Demokratie muss man leben“

, Bistum Münster

Jehan Hasan arbeitet leidenschaftlich gerne als Pflegefachassistenz im Caritas-Altenzentrum Sankt Lamberti in Münster. Die gebürtige Syrerin wohnt mit ihrem Mann und vier Kindern in Havixbeck und fühlt sich im Münsterland rundum wohl. Doch der Rechtsruck in der Gesellschaft bereitet der 41-Jährigen große Sorge.

Nächstenliebe am Lebensende: Caritas-Mitarbeiterin Jehan Hasan am Pflegebett im Altenzentrum Sankt Lamberti in Münster.

© Caritas für das Bistum Münster / Carolin Kronenburg

Jehan Hasan sitzt am Pflegebett eines Bewohners und hält die angebotene Hand. „Ich mache meinen Beruf wahnsinnig gerne.“ Das hätte sie nicht sagen müssen – es wird durch ihren wertschätzenden Umgang mit den Menschen am Lebensende sichtbar. Ja, es sei auch stressig in der Pflege, aber die Bewohnenden lächeln zu sehen und auf ihre Wünsche einzugehen, mache sie glücklich.

Als Jesidin fühlt sie sich beim katholischen Arbeitgeber sehr willkommen. Genau wie ihre Schwester, die Wohnbereichsleitung im Altenzentrum Sankt Lamberti ist. „Wir sind hier alle bunt gemischt“, sagt Jehan Hasan in Bezug auf die Herkunftsländer und Religionszugehörigkeiten der Belegschaft. Ihr Mann, auch gebürtiger Syrer, hat in Münster Pharmazie studiert. Er habe nie Schwierigkeiten gehabt, einen Arbeitsplatz zu finden – im Gegenteil.

Die 41-Jährige kocht gerne für die Familie und Freunde – wie die Nachbarn in Havixbeck. Beim Spazieren gehen kommt sie zur Ruhe. „Frieden für die ganze Gesellschaft“ wünscht sie sich und weiß, wie kostbar er ist. Denn Bedrohung und Angst waren in ihrer Kindheit ständige Begleiter – erst in Syrien und dann in Deutschland.

1990 kam Jehan Hasan mit ihren Eltern und acht Geschwistern nach Deutschland, weil sie in Syrien politisch verfolgt wurden. Damals war sie acht. Die ersten Jahre lebte die Familie in einem Asylantenheim im Kreis Lippe. Wo die Hoffnung auf ein friedliches Leben mit jedem Stein, der durch die Fensterscheibe geworfen wurde, zerbrach. „Unsere Väter haben abwechselnd Nachtwache gehalten“, erinnert sie sich. „Im Schulbus haben sie ‚scheiß Ausländer‘ zu mir gesagt … Ich dachte, die Zeiten sind vorbei.“

Die deutsche Staatbürgerschat hat sie nach einer zehnjährigen Duldung mit Eintritt ins Berufsleben erlangt. „Wir sind sehr froh und dankbar, dass wir hier leben können“, sagt Jehan Hasan und fügt nachdenklich an: „Wer weiß, was in Syrien mit uns geschehen wäre.“ Freiheit und Gleichheit sind deshalb für sie ein hohes Gut. Es sei unerlässlich, dass diese demokratischen Grundwerte dem Rechtsruck standhalten, der durch Teile der Gesellschaft geht.

Dass in diesen Tagen so viele gegen Rechtsextremismus demonstrieren, findet Jehan Hasan großartig. Demokratie müsse man aber vor allem leben – jeden Tag, an jedem Ort. „Damit unsere Kinder ohne Angst und Sorgen in Frieden leben können.“

Caritas für das Bistum Münster /  Carolin Kronenburg

Von Recke bis Recklinghausen, von Emmerich bis Lengerich – die Caritas im Bistum Münster ist für Menschen in Notsituationen da. Ob Jung oder Alt, Alleinstehend oder Großfamilie, mit Behinderung oder Migrationshintergrund, körperlicher oder psychischer Erkrankung. Unter dem Motto „Not sehen und handeln“ sind 80.000 hauptamtliche Mitarbeitende und 30.000 Ehrenamtliche rund um die Uhr im Einsatz. Für die Hilfe vor Ort sorgen 25 örtliche Caritasverbände, 18 Fachverbände des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) und 3 des SKM – Katholischer Verein für Soziale Dienste. Hinzu kommen unter anderem 57 Kliniken, rund 150 Einrichtungen der Behindertenhilfe, 205 Altenheime, 105 ambulante Dienste, 115 Tagespflegen, 27 Pflegeschulen und 22 stationäre Einrichtungen der Erziehungshilfe.