Den Kreislauf der Gewalt gegen Frauen durchbrechen
Die Gewalt an Frauen ist eine brutale Form von Diskriminierung und Verletzung der Grundrechte. Sie ist sowohl eine Ursache als auch eine Folge von Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern.
Wie Mirja Hannele Ahokas von der Regionalvertretung der Europäischen Kommission Bonn in der Podiumsdiskussion der Europaunion jetzt bestätigte, leitet die Europäische Kommission aktuell eine Reihe von Maßnahmen für das kommende Jahr ein, um Gewalt gegen Frauen und Mädchen in all ihren Formen zu bekämpfen. "Wir müssen ein für alle Male dieser klaren Menschenrechtsverletzung ein Ende setzen", zitierte sie Véra Jourová, die EU-Kommissarin für Justiz, Verbraucher und Gleichstellung der Geschlechter.
Die Europaunion Steinfurt hatte gemeinsam mit der WeST-Wirtschaftsförderungs- und Entwicklungsgesellschaft, den Gleichstellungsbeauftragten des Kreises und der Stadt Rheine sowie der örtlichen VHS, der FBS und dem Lenkungskreis "Flüchtlingsarbeit Kirchen/Caritas" zu der Podiumsdiskussion "Gegen Gewalt an Frauen" in Rheine eingeladen.
Bereits vor der Flucht vieler Menschen nach Europa stellte eine Untersuchung der Europäischen Union für Grundrechte europaweit einen erheblichen Handlungsbedarf fest: Eine von drei Frauen hat demnach seit ihrem 15. Lebensjahr körperliche und/oder sexuelle Gewalt erfahren, eine von fünf Frauen wurde gestalkt und jede zweite Frau war mit einer oder mehreren Formen der sexuellen Belästigung konfrontiert, um nur einige Beispiele zu nennen. Hinzu komme eine nicht bekannte Dunkelziffer.
Für Agnes Denkler von der Frauenberatungsstelle des Diakonischen Werkes ist die Gewalt an Frauen aktuell daher auch nicht neu oder von neuer Intensität. Durch die Ereignisse in der Silvesternacht auf der Kölner Domplatte sei die schon lange vorhandene Gewalt an Frauen nur stärker in das öffentliche Bewusstsein gerückt. 250 bis 300 vornehmlich von häuslicher Gewalt betroffene Frauen berate man alljährlich im Kreis Steinfurt. Bei einem Ausländeranteil von zehn Prozent in der Stadt Rheine mache der Anteil der betroffenen Frauen mit Migrationshintergrund in der Beratung allerdings etwa die Hälfte aus. Bei der häuslichen Gewalt spiele immer auch das Macht- und Kontrollverhältnis zwischen den Paaren eine große Rolle.
Prof. Dr. Daniela Haarhuis, Inhaberin des Lehrstuhls für Menschenrecht an der Hochschule in Düsseldorf, wies auf die "Schieflage" im Strafgesetzbuch hin, was noch aus dem 19. Jahrhundert stamme. Gleichzeitig sprach sie sich gegen die Forderung nach immer neuen Gesetzen aus. Vielmehr sei die Rechtsanwendung durch die Justiz entscheidend.
Wiebke Gehrke, Leiterin der Fachstelle Migration und Integration, sowie dem Sozialarbeiter der Stadt Rheine, Khalihlana Razgui, blieb die lokale Einordnung des Themas. Durch die Schaffung "gewaltreduzierender Rahmenbedingungen" und der Teilhabemöglichkeit an Bildung und gesellschaftlichem Leben versuche man, präventiv zu wirken. Schwieriger aber sei es, Frauen zu helfen, die mit Unrechtserfahrungen in ihren Heimatländern sozialisiert worden und mit Gewalterfahrungen nach Deutschland gekommen seien. Hier sei abzuwägen, inwieweit man vor dem Hintergrund ihrer gesellschaftlichen Erfahrungswerte in die Psyche der Menschen eingreifen dürfe.
Bildunterschrift: Auf Einladung und Initiative der Europaunion Steinfurt diskutierten unter der Moderation von Prof. Dr. Thilo Harth (v.l.) die stellvertretende Leiterin der Regionalvertretung der Europäischen Kommission Bonn, Mirja Hannele Ahokas, Wiebke Gehrke, Khalihlana Razgui, Agnes Denkler und Prof. Dr. Daniela Haarhuis über das Thema "Gegen Gewalt an Frauen".
Text: Bischöfliche Pressestelle / 30.11.16
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