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„Die Kirche von morgen wird in der Großstadt erprobt“

, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster

Menschen in Großstädten mit der Kirche in Berührung bringen: Über Chancen und Herausforderungen dieses Ziels haben sich rund 20 Priester aus Stadtdekanaten und Großstadtpfarreien in Deutschland vom 19. bis zum 21. März in Münster ausgetauscht. Erstmals in den zehn Jahren, seitdem es die sogenannte Konferenzen der Stadtdechanten gibt, war die Domstadt Gastgeber für die Geistlichen. „Erfahrungen von anderen hören und daraus lernen – in diesem regelmäßigen kollegialen Austausch liegt eine große Chance“, weiß Münsters Stadtdechant Jörg Hagemann, der am Dienstag, 21. März, in dieser Funktion nach neun Jahren verabschiedet wird und künftig Pfarrer und Kreisdechant in Coesfeld sein wird.

Dr. Johannes zu Eltz spricht gerne von Kulturoptimismus. Seit 13 Jahren ist er Stadtdekan in Frankfurt am Main. „Es kommt auf die Haltung an“, ist er überzeugt. Säkular und kirchenfern präsentieren sich die Großstädte, die Herausforderungen seien groß. „Es braucht einen positiven, hoffnungsvollen und freundlichen Blick auf die umgebende Welt“, hat er die Erfahrung gemacht, denn ein Defizit-Denken verändere die Wirklichkeit nicht. Trotz sinkender Mitgliederzahlen und einer schwindenden Relevanz in der Gesellschaft habe die katholische Kirche mit ihren Themen und Ansprüchen nach wie vor eine Bedeutung im öffentlichen Raum. „Die Frage ist nur, wie man sie bespielt und gestaltet“, sagt zu Eltz.
 
Die Kirche neige dazu, sich zurückzuziehen, sich nicht stören lassen zu wollen. „Aber Störbarkeit ist eine Tugend, die man in der Gegenwart braucht“, betont der Stadtdekan, der gleich mehrere beispielhafte Projekte aufzählen kann, mit denen die Kirche in die Stadtgesellschaft Frankfurts hineinwirkt. Der „Rat der Religionen“ beispielsweise fördere den Dialog zwischen den Religionsgemeinschaften und der Stadtgesellschaft und nehme aus religiöser Sicht Stellung zu gesellschaftliche und politischen Themen Frankfurts. Als Exzellenzfeld bezeichnet zu Eltz zudem den Bereich der Kirchenmusik. „Über unsere Domsingschule und die Bläserschule kommen wir mit öffentlichen und nicht-kirchlichen Räumen in Berührung, das bietet neue Möglichkeiten für Kooperationen“, sagt er.
 
Kooperation ist auch das Stichwort für Propst Gregor Giele aus Leipzig, wo seit 2015 die neugebaute Propsteikirche das weithin sichtbare Zentrum des katholischen Lebens in der Diaspora-Stadt ist. Mit vier Prozent Katholiken habe die katholische Kirche in Leipzig „Exotenstatus“ erreicht. „Das ist in der modernen Zeit keine schlechte Ausgangsposition, denn der Exot fällt auf und wir bekommen eine ganz neue Aufmerksamkeit“, betont Giele das Positive. Doch er sieht auch Verbesserungspotenzial: Zu oft zeige sich die Kirche „co-unfähig“. „Nicht immer den Ton angeben wollen, sondern auch mal nur mitsingen“, beschreibt er seinen Wunsch für die Kirche von morgen. Kooperationen seien in dieser Hinsicht nicht nur notwendig, sondern auch hilfreich: „Darin liegt vor allem eine Chance, weil die Großstadt eine Bündelung von Potenzialen und Fähigkeiten ist und man sich gegenseitig aushelfen kann“, erklärt Giele. Die Kirche in der Stadt sei ein Lernfeld, „um die Zeichen der Zeit zu verstehen“, so der Propst mit Blick auf die vielen Angebote in den Städten, in denen die Kirche nur ein Anbieter unter vielen ist – und spitzt zu: „Man könnte auch sagen, dass die Kirche von morgen in der Großstadt erprobt wird.“

Ann-Christin Ladermann

Neben dem kollegialen Austausch und einem Vortrag des Theologen Professor Dr. Michael Seewald über die Religionsforschung im säkularen Umfeld kam auch die kulturelle Seite beim Treffen der Stadtdechanten in Münster nicht zu kurz. Ein Stadtrundgang durch die „Krimistadt Münster“ und ein Abendessen im Kiepenkerl sowie ein Gottesdienst in der St.-Clemens-Kirche und ein Austausch mit Generalvikar Dr. Klaus Winterkamp rundeten das Programm ab.

© Ann-Christin Ladermann