Diözesaner Flüchtlingsbeauftragter äußert sich vor Flüchtlingsgipfel

Die Flüchtlingssituation war in Deutschland das beherrschende Thema der vergangenen Monate. Die katholische Kirche, die sich von Anfang an in der Flüchtlingsarbeit engagiert hat, widmet sich ihm aktuell mit dem zweiten Katholischen Flüchtlingsgipfel.

Er findet am Donnerstag, 29. September, in Frankfurt am Main statt. 120 Praktiker, Experten und Ehrenamtliche der kirchlichen Flüchtlingshilfe sind dabei. Wie die kirchliche Flüchtlingsarbeit im Bistum Münster läuft und welche aktuellen Herausforderungen es gibt, weiß Helmut Flötotto. Der Referatsleiter Soziale Arbeit im Diözesancaritasverband Münster ist Flüchtlingsbeauftragter des Bistums.

Wichtig ist ihm: "Wir haben nach wie vor eine gute Willkommenskultur im Bistum Münster. Tausende Ehrenamtlicher und viele berufliche Mitarbeiter sind in der Flüchtlingshilfe engagiert, damit Menschen, die aus Not, Gewalt und Verfolgung geflohen sind, hier eine neue Bleibe finden und sich angenommen fühlen." Dass das "trotz vielfältiger gegenteiliger politischer Rhetorik" geschehe, dafür danke er allen Engagierten.

Allerdings, darauf macht Flötotto aufmerksam, ist "allen in der Flüchtlingshilfe klar, dass es neben einer Willkommenskultur auch einer Kultur bedarf, um sich von den Flüchtlingen, die nicht hier bleiben können oder wollen, wieder zu verabschieden. An manchen Stellen gehört dazu auch Trauerarbeit." Diesen Aspekt habe die Kirche in Fortbildungen und die Arbeit mit den Ehrenamtskoordinatoren aufgenommen.

Wichtigste aktuelle Herausforderung ist nach der Phase der Erstversorgung der Ankommenden aus Wort mit Rechtschreibfehler Flötottos Sicht nun eine schnellere Bearbeitung der Asylanträge. "Die Wartezeiten sind", bemängelt er, "Menschen verbleiben zu lange Zeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen, die dafür nicht ausgelegt sind. Das führt verständlicherweise in manchen Situationen zu sozialen Konflikten und Frustrationen." Seiner Meinung sollten Flüchtlinge in Deutschland vom ersten Tag an deutsch lernen können, anstatt Wochen bis Monate ungenutzt verstreichen zu lassen. "Damit geben wir als Land auch eine falsche Signalwirkung", gibt er zu bedenken.

Als weitere zentrale Aufgabe sieht er Ausbildung und Arbeitsmarktintegration. Viele mittelständische Betriebe brächten sich hier schon heute engagiert ein, auch Kirche und Caritas hätten gute Ansätze. "Ohne Bildung, Ausbildung und Arbeit kann – neben der Unsicherheit im Asylverfahren – keine sinnvolle Lebensperspektive aufgebaut werden", betont Flötotto, "als Kirche und Caritas dürfen wir dabei gerne als Vorbild gelten." Für echte Integration sei außerdem dezentraler Wohnraum für die Geflohenen nötig.

Flötotto ist überzeugt, dass die Kirche zur Gestaltung dieser Herausforderungen viel beitragen kann und wird. Er sieht Christen aber auch noch in anderer Hinsicht in der Pflicht: "Zunächst muss im Diskurs um Flüchtlinge rhetorisch abgerüstet werden. Die sprachlichen Entgleisungen haben ein Ausmaß angenommen, das nicht mehr hingenommen werden kann." Dankenswerterweise habe Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, im Rahmen der Herbstvollversammlung der deutschen Bischöfe klar Position bezogen.

"Wir haben als Bundesrepublik Deutschland insbesondere seit dem letzten Jahr in der Hilfe für Flüchtlinge Eindrucksvolles vollbracht", hebt der Flüchtlingsbeauftragte hervor, "darauf können wir stolz sein, weil es auch ein Ausdruck gesellschaftlichen Zusammenhalts ist, der trotz alle Unkenrufe besteht." Deutschland sei wirtschaftlich und sozial in der Lage, diese besondere Situation der Zuwanderung zu bewältigen. "Das sollten wir uns vor Augen halten, auch in Anbetracht der politischen Auseinandersetzungen und Diskurse, die jetzt schon stattfinden und die das kommende Wahljahr noch mit sich bringen werden", wünscht sich Flötotto. Und er ist überzeugt: "Als Kirche und Caritas haben wir eine menschenfreundliche Grundorientierung, von der wir nicht abrücken werden –auch nicht durch rhetorische Scharfmacher."

 

Text: Bischöfliche Pressestelle / 28.09.16
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