Von seinem Schreibtisch aus hat er seinen eigentlichen Arbeitgeber im Blick. Denn als Domrentmeister hatte Stefan Bexten sein Büro am Domplatz 28, in Sichtweite der imposanten Türme des St.-Paulus-Doms Münster. Von dort aus war er für Verwaltungsangelegenheiten rund um den Dom zuständig – bis jetzt: Zum 1. August tritt er in den Ruhestand.
32 Jahre lang war der 63-jährige Domrentmeister – und das als Quereinsteiger. Nach dem Abitur an der Friedensschule 1980 und dem Wehrdienst absolvierte er Ausbildungen zum Landwirt und zum Groß- und Außenhandelskaufmann. Als Letzteres arbeitete er einige Jahre, bis er über seinen beim Bistum Münster tätigen Bruder von der freien Stelle in der Domverwaltung erfuhr und sich dafür interessierte.
Ganz sicher, ob er der Richtige für die Position sein werde, war sich Bexten indes nicht: „Schließlich hatte ich keine Verwaltungsausbildung.“ Er bewarb sich trotzdem erfolgreich und trat die Stelle am 1. April 1992 an. Sein Vorgänger arbeitete ihn ein: „Erstmal sollte ich tagelang die Rechnungsbelege des Vorjahres durchsehen, um einen Überblick zu bekommen.“
Das war nötig, schließlich ist der Zuständigkeitsbereich eines Domrentmeisters vielfältig. Dienstgeber ist das Domkapitel, das neben der Liturgie für Unterhaltung und Pflege der Kathedrale so wie der zugehörigen Immobilien verantwortlich ist. In dessen Auftrag leitet der Domrentmeister die heute 40 Stellen umfassende Domverwaltung, übernimmt Haushaltsplanung und -abwicklung, Abrechnungen, organisiert Veranstaltungen und erstellt Vorlagen für Entscheidungen des Domkapitels.
Den Dom immer fest im Blick hatte Stefan Bexten als Domrentmeister. Jetzt tritt er in den Ruhestand.
Aber warum der leicht historisch anmutende Titel? „Viele Bezeichnungen für kirchliche Verwaltungspositionen wurden von Ämtern übernommen, die es auf Gutsbetrieben gab“, erklärt Bexten. Der Name hat also eine lange Tradition, ansonsten aber hat der scheidende Domrentmeister viele Änderungen miterlebt. „Die allgemeine kirchliche Entwicklung geht am Dom nicht vorbei“, weiß der 63-Jährige. So sinke die Zahl der Gottesdienstbesucherinnen und -besucher. 4.000 Menschen seien früher bei der traditionellen Großen Prozession Anfang Juli mitgegangen, nennt Bexten ein Beispiel. Heute seien es noch 800.
Allgemein sei das Interesse am Dom aber ungebrochen, das zeige allein die Zahl der touristischen Besuche. Die manchmal entstehenden Spannungen zwischen ihnen, die immer weniger Verständnis für einen Gottesdienstraum mitbrächten, und den Betenden seien ebenfalls eines der anfallenden Alltagsthemen. Die Liturgie in den Gottesdiensten sei heute kleiner und schlichter. Im Gegenzug gebe es andere liturgische Veranstaltungen für neue Zielgruppen.
Auch sonst werde der Dom intensiv genutzt. „Deshalb ist K-Plan, unser digitaler Belegungskalender, das zweitwichtigste Buch hier nach der Bibel“, sagt Bexten, der zurzeit die künftige Domrentmeisterin Manuela Fiege einarbeitet, schmunzelnd. Mit Hilfe dieses Kalenders koordiniert die Domverwaltung die Nutzung durch Dommusik, Führungen, Gottesdienste.
Immer wieder war Bexten außerdem in die Organisation außergewöhnlicher Veranstaltungen eingebunden, etwa beim Bistumsjubiläum 2005, der Bischofsweihe von Felix Genn 2009, beim Domjubiläum 2014 und beim Katholikentag 2018. „Da geht es schlicht darum, Dinge pragmatisch zu organisieren“, beschreibt er. Wichtig war dabei die gute Zusammenarbeit mit der Stadt Münster. Denn – was viele nicht wissen – der Domplatz ist städtische Fläche.
Bei diesem Bündel an Anforderungen und Themen verwundert es nicht, dass Bexten den Dom kaum als spirituellen Ort erlebt. „Für mich ist er mit Arbeit verbunden, dort komme ich schlecht zur Ruhe“, sagt er offen, „mein Glaubensleben findet zu Hause in Nienberge statt.“ Für den Ruhestand hat er sich dennoch vorgenommen, Veranstaltungen wie dem ökumenischen Gottesdienst am Pfingstmontag und dem Christmas Carols Service im Advent die Treue zu halten.
Ansonsten hat der verheiratete Vater dreier erwachsener Kinder keine festen Pläne. Gesetzt sind neben der Arbeit in Haus und Garten viele Radtouren – um die wegfallenden Arbeitswege auszugleichen. 32 Jahre lang radelte er an jedem Arbeitstag von Nienberge an den Domplatz und zurück, die Domtürme schon auf dem Hinweg fest im Blick. „Das entspricht mehr als zwei Weltumrundungen“, vergleicht er. Von den Radtouren abgesehen sei sein „Einstieg in den Ruhestand wie der Absprung aus einem fahrenden Zug: Ich werde sehen, wo ich lande.“