Ehrenamtliche unterstützen die medizinische Flüchtlingshilfe des SKF
Es ist kurz nach 17 Uhr. Betriebsamkeit herrscht in den Räumen der medizinischen Flüchtlingshilfe des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Recklinghausen. Nicht hektisch, aber beschäftigt und routiniert.
Im Wartezimmer sortiert Bernd Lubojatsky die Karteikarten, die er für die Patienten angelegt hat, die schon einmal Hilfe in der Praxis erhalten haben.
Marlene Binkowski schaut derweil die Schränke mit den Medikamenten durch und bereitet das Sprechzimmer vor. Lubojatsky und Binkowski sind zwei der insgesamt 20 Ehrenamtlichen, die sich in unterschiedlichen Bereichen in der Praxis engagieren. Jeweils am Montagvormittag und Donnerstagabend sind sie zur Stelle, wenn Geflüchtete ihre Hilfe benötigen. "Unser Ziel ist es, die Menschen schnell und unbürokratisch zu behandeln und ihnen bei der Gelegenheit das deutsche Gesundheitssystem zu erklären", informiert Rossana Berge. Die Sozialarbeiterin ist beim SkF unter anderem für die medizinische Flüchtlingshilfe zuständig.
Nach und nach füllt sich das Wartezimmer. Die Patienten wurden von Ehrenamtlichen aus den vier Recklinghäuser Gemeinschaftsunterkünften zur Praxis gefahren. "Als SkF betreuen wir in Recklinghausen in vier Übergangseinrichtungen insgesamt 650 Geflüchtete bis zum Asylverfahren", informiert Sybille Averdung, die für den Sozialverband die Hilfen für Flüchtlinge koordiniert. Nun heißt es warten. Ausnahmsweise verspätet sich Dr. Markus Dechêne heute. Er macht sich jedes Mal direkt aus seiner eigenen Hausarztpraxis auf den Weg zur medizinischen Flüchtlingshilfe. Da kann es schon mal zu Verzögerungen kommen. Mit einem "Gleich geht es los" begrüßt er Patienten und Ehrenamtliche. Sobald er seine Utensilien im Arztzimmer ausgepackt hat, startet er die Sprechstunde – ehrenamtlich versteht sich.
Viele Flüchtlinge suchen die Praxis auf. Häufig sind sie erkältet oder chronisch krank. "Das hat seinen Grund", erklärt Marlene Binkowski. "Frei verkäufliche Medikamente gegen Erkältungskrankheiten sind teuer. Da kommen schnell 20 Euro zusammen." In der Praxis dürfen die Verantwortlichen Medikamentenspenden annehmen. Zudem kooperieren sie mit einer Apotheke in Recklinghausen. "Dort müssen die Flüchtlinge keine Rezeptgebühren bezahlen", erklärt die Krankenschwester. "Doch sind es nicht nur Akutfälle, die zu uns kommen. Viele haben auch mit Begleiterscheinungen ihrer chronischen Krankheit zu tun. Sie können das oft selbst schlecht einschätzen und wissen nicht, an wen sie sich wenden sollen, weil sie sich in unserem System nicht auskennen", erklärt Dechêne.
Auf dem Tisch des Arztes liegen Zeigetafeln mit verschiedenen Symbolen. Sie helfen weiter, wenn es mit der Verständigung hapert. So auch bei dem nächsten Patienten. Er ist noch nicht lange in Recklinghausen, hat aber Beschwerden. An dieser Stelle kommt Zuhair ins Spiel. Ein Glücksfall für die Praxis. Der 33-jährige Iraker lebt seit 14 Monaten in Deutschland, befindet sich selbst im Asylverfahren und spricht sechs Sprachen. "Ich mag es, Menschen zu helfen. Ob hier in der Praxis oder auch in der Unterkunft", begründet er sein Engagement. Und wenn es vorkommt, dass ein Patient ins Krankenhaus eingewiesen werden muss, begleitet er ihn auch.
Dann geht es mit den nächsten Patienten weiter. Husten und Fieber plagen die Frau. Dechêne hört sie ab, fragt in kurzen Sätzen nach, geht zum Medikamentenschrank und schaut hinein, ob passende Medikamente vorrätig sind. Er gibt ihr ein Schmerzmittel und Hustensaft. "Wir haben immer einen gewissen Bestand an Medikamenten vorrätig. Aber hier lernt man, zu improvisieren", sagt er. Nicht immer könne das Team helfen, "aber wir schicken auch niemanden weg". Manchmal sind sie auch bei der Suche nach beispielsweise einem Haus- oder Facharzt behilflich. Nach jemandem, der vielleicht sogar die Sprache der Patienten beherrscht oder seine Praxis in der Nähe des Wohnortes hat.
Rund 200 Patienten wurden seit der Öffnung der Praxis vor eineinhalb Jahren bereits behandelt, weiß Lubojatsky, der 30 Jahre als Rettungssanitäter gearbeitet hat. "Dazu kommen 85 Kinder, die in der Karte ihrer Eltern aufgeführt und nicht gezählt werden", berichtet er. Und während ein Patient nach dem anderen zum Arzt gebeten wird, harren die Fahrerinnen und Fahrer geduldig im Wartezimmer aus. Da ist immer Zeit für ein Gespräch untereinander.
Wie viele andere Ehrenamtliche ist Dechêne von Beginn an in der Praxis aktiv. "Ich mache es gern, und es bereichert mein Leben. Flüchtlinge sind Menschen, denen nicht viel Gutes passiert ist. Wir versuchen, Ihnen zu helfen und sie willkommen zu heißen", erklärt er seine Motivation, sich zu engagieren. Da geht es ihm wie vielen anderen auch, die sich mit ihren Fähigkeiten zum Wohl der Menschen in der Praxis einsetzen.
Bildunterschrift: Dr. Markus Dechêne engagiert sich in der Medizinischen Flüchtlingshilfe des Sozialdienstes katholischer Frauen (SkF) Recklinghausen ehrenamtlich.
Text: Bischöfliche Pressestelle / 03.08.17
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de
Foto: Michaela Kiepe/Bischöfliche Pressestelle