Macht als Wiederherstellung von Recht und Gerechtigkeit, als Ermutigung und Selbstermächtigung der Frauen. Dieses Thema stand im Mittelpunkt des zweiten Tages beim Symposium „Frauenpower und Männermacht“ in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster. Unter dem Oberbegriff „Empowerment“ diskutierten Dr. Aurica Jax aus Düsseldorf, Leiterin der Arbeitsstelle Frauenseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, Gertrud Casel aus Trier, langjährige Geschäftsführerin der Deutschen Kommission Justitia et Pax, und Dr. Tine Stein, Professorin für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Politische Theorie und Ideengeschichte an der Universität Göttingen.
In der Kirche kommt dem Empowerment, also der Stärkung von Eigenmacht, Autonomie und Partizipation eine wachsende Rolle zu, waren sich die Podiumsteilnehmerinnen einig. Sie forderten eine differenzierte und biblisch begründete Theologie und Praxis der Macht – insbesondere mit Blick auf die Rolle der Frau. So würden viele Gläubige Macht in der Kirche derzeit als Ungleichheit erleben, erklärte Stein. „Laien und Kleriker mögen zwar in ihrer Würde gleich sein, aber sie sind es innerhalb der Kirche nicht in ihren Rechten.“ Zudem fehle es an einer unabhängigen, innerkirchlichen Gerichtsbarkeit, „eine Struktur, die heute nicht mehr plausibel zu machen ist“, kritisierte die Politikwissenschaftlerin, lasse sie doch alle Kriterien eines guten Zusammenlebens vermissen.
Den „Selbstwiderspruch zwischen kirchlichem Handeln und der christlichen Botschaft“ bezeichnete Stein als Kern der derzeitigen Krise. „Jede Institution gerät in eine tiefe Legitimationskrise, wenn sie ihren eigenen normativen Ansprüchen nicht genügt“, betonte sie. Eine Krise, die mit dem Synodalen Weg aber auch eine Chance der Erneuerung berge. „Auf diesem Weg muss eine institutionelle Verfasstheit erarbeitet und durchgesetzt werden, in der kirchliche Leitungsgewalt nicht länger nur den Inhabern von Weiheämtern vorbehalten ist, sondern nach Begabungen und Fähigkeiten allen Gläubigen offen steht“, fasste Stein ihr Verständnis von Empowerment zusammen.
Für Gertrud Casel ist die Zuversicht eine der wichtigsten Grundhaltungen beim Empowerment. „Die volle Teilhabe der Frauen an Macht und Leitung in der Kirche wird kommen und wird die Kirche enorm stärken“, zeigte sie sich überzeugt und schränkte ein: „Wir haben aber noch nicht alle Krisen auf dem Weg dorthin hinter uns.“ Wichtig sei es, den Blick zu weiten und nicht zu viel Energie „mit dem Abarbeiten an verhärteten Positionen“ zu verschwenden. „Lasst uns auf die Zukunft vorbereiten“, ermutigte sie dazu, die vorhandenen Möglichkeiten zu nutzen: „Mädchen- und Frauenarbeit fördern, inklusive, spirituelle Bildung anbieten und durch öffentliche Aktionen ein Bewusstsein bilden – auch das ist Empowerment.“
Aus Sicht von Aurica Jax wird der Glaube vor allem von der feministischen Theologie als Empowerment verstanden. „Er soll eine Bestärkung zum Engagement und zum Leben sein, ein Ort zum Netzwerken“, erklärte sie und gab einen Einblick in ihre eigene Arbeit bei der Deutschen Bischofskonferenz. Dazu gehöre, die Frauenseelsorgerinnen der Bistümer miteinander zu vernetzen, ebenso die Beauftragten für die Homosexuellen-Pastoral. Im Blick habe sie außerdem Frauen, die als Erwachsene Gewalt in der Kirche erfahren haben. Gemeinsam mit diesen Menschen arbeite sie stets an einem Empowerment, das „von innen heraus entsteht, wenn Personen und Gemeinschaften ihre Fähigkeiten und Verantwortlichkeiten anerkennen und schätzen“.
Das Symposium „Frauenpower und Männermacht“ fand in Kooperation mit der Arbeitsstelle für Theologische Genderforschung der Universität Münster und den Katholischen Akademien der (Erz-) Bistümer Berlin, Erfurt, Essen und Hamburg statt. Es war Teil einer Reihe von internationalen Fachtagungen, mit denen die Katholischen Akademien im deutschsprachigen Raum den Synodalen Weg begleiten.