Fast 300 Anwälte und Richter beim Juristentreffen mit Bischof Genn
"Kirche und Transparenz" – dieses Thema stand über dem Juristentreffen im Bistum Münster, das am Mittwoch, 10. September, in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster stattgefunden hat.
Fast 300 Rechtsanwälte und Notare, Richter und Justitiare aus der ganzen Diözese waren gekommen.
Gastgeber Bischof Dr. Felix Genn begrüßte die Gäste und drückte seine Freude aus: "Danke, dass Sie in so großer Zahl der Einladung gefolgt sind." Ausdrücklich dankte der Bischof dem Referenten, Prof. Dr. Otto Depenheuer, Professor für Allgemeine Staatslehre, Öffentliches Recht und Rechtsphilosophie an der Universität Köln, dass er "zu diesem brisanten Thema" sprechen wolle, er sei "ganz gespannt", das Thema berge in jeder Beziehung Diskussionsstoff.
Die inhaltliche Hinführung lieferte zunächst Pfr. Dr. Ludger Winner vom Referat Akademikerseelsorge des Bistums. Der Geistliche nannte die vielfach geforderte Offenlegung der Vermögenswerte als einen wesentlichen Aspekt in der Diskussion, erwähnte aber auch damit zusammenhängende, offene Fragen: "Was würde es nützen, Auskunft etwa über den Verkehrswert der Immobilien zu erhalten und dann ihre Veräußerung zu erwarten, ohne zu bedenken, dass damit eine langfristige Liquidität der Kirche gefährdet wäre und die Kirche ihrer künftigen Handlungsgrundlage beraubt würde?"
"Hoffentlich rede ich mich hier nicht um Kopf und Kragen" – mit diesen Worten hatte Depenheuer seinen engagierten und über weite Strecken launisch-kurzweiligen Vortrag eingeleitet. Als Vorbemerkung äußerte sich Depenheuer zur Kirchlichen Kommunikationskultur, in der er einen verbreitenden ‚Wohlsprech’ ausmacht: "Eine sehr vorsichtige Sprache", die "sehr diskret und in wohlige Kuschelbegriffe einkleide", statt unangenehme Tatsachen unmissverständlich anzusprechen. Dies wolle er heute tun: "Nur wenn die Probleme messerscharf analysiert sind, die möglichen Optionen ohne Schere im Kopf gesichtet und diskutiert werden, kann man überhaupt erst das Anliegen, etwas besser zu machen, angehen", stellte Depenheuer klar.
Die Probleme mangelnder Transparenz, der Verlust an Vertrauen und Glaubwürdigkeit seien bei der Deutschen Kirche nicht mehr zu leugnen, schickte der Hochschullehrer voraus. Beim Thema Missbrauch seien Missstände, die schon seit Jahrzehnten bekannt gewesen seien, viel zu lange verheimlicht worden. Dies habe auch tief Gläubige erschüttert: "Was man schützen wollte, den guten Ruf der Kirche, ist dadurch nachhaltig beschädigt worden", stellte Depenheuer heraus. Ein ähnliches Verhaltensmuster habe er bei der "Causa Limburg" beobachtet. Es sei "nicht nachgefragt, nicht insistiert, nicht kontrolliert, sondern vertraut" worden. Jene menschlichen Schwächen, die zu den Fehlverhalten geführt hätten, könnten aber anderswo wieder auftreten.
Depenheuer warf die Frage auf, inwieweit die Kirche vom "System des modernen Staates" mit Gewaltenteilung, Rechnungshöfen und Berufungsinstanzen lernen könne. In der Antwort stellte er klar, dass auch die Kirche ein System gegenseitiger Kontrollen brauche, das Personen überdauere. Auch ein Bischof könne "Fehler machen bis hin zu strafrechtlichem Fehlverhalten".
Der Referent empfahl eine "Trennung von Spiritualien und Temporalien": Einem Bischof sollten geistlich-spirituelle Leitungsaufgaben vorbehalten bleiben, während die Führung der bischöflichen Verwaltung einer zweiten Leitungsperson zufallen solle. Ein guter Bischof habe im Übrigen immer seinen advocatus diaboli um sich und nicht nur Jasager, meinte Depenheuer. "Noch habe ich Hoffnung", endete der Referent, "zahlreiche Amtsträger haben die Zeichen der Zeit erkannt". Heinrich Arning, ehemaliger Direktor des Amtsgerichtes, moderierte das abschließende, lebhafte Gespräch mit dem Referenten.
Text: Bischöfliche Pressestelle
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