Gemeinde der arabisch-sprechenden Christen auf Wachstumskurs

, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster

Erst reichte der Platz im Pfarrheim nicht, dann wurde auch die Kirche zu klein. „100 bis 120 Personen sind wir mindestens, wenn wir samstags Gottesdienst feiern, bei besonderen Festen wie an Weihnachten gibt es in der Kirche keinen Platz mehr“, sagt Marie Maaz. Die 25-jährige Physikstudentin aus dem Libanon gehört zum Vorstand der Gemeinde der arabisch-sprechenden Christen in Münster. Eine junge und bunte Gemeinde – eine, die gegen alle Trends stetig wächst.

Marie Maaz (25), Salm Murad (61) und Sandra Abboud (26) (von links) gehören zur Gemeinde der arabisch-sprechenden Christen in Münster.

Marie Maaz (25), Salm Murad (61) und Sandra Abboud (26) (von links) gehören zur Gemeinde der arabisch-sprechenden Christen in Münster.

© Bistum Münster

Gegründet im Jahr 2010 mit etwa 20 Personen, gehören heute rund 70 Familien mit durchschnittlich fünf Personen dazu. Samstags und meistens auch mittwochs feiern sie einen Gottesdienst in der St.-Pius-Kirche. Anschließend kommen sie im benachbarten Pfarrheim bei Kaffee und Kuchen zusammen. Einmal im Monat wird es zum gemeinsamen Abendessen ausgeweitet, zu dem jeder etwas beisteuert. Aber es wird nicht nur gegessen und getrunken: „Es kann auch schonmal sein, dass jemand mit einem Formular in der Hand uns kommt und eine bürokratische Frage hat", sagt Marie Maaz mit einem Lachen. Für die junge Frau kein Problem: „Wir grenzen unsere Religion nicht vom Leben ab, für uns gehört beides zusammen."

Die 25-Jährige ist früh zur Gemeinde gestoßen. Seit acht Jahren lebt sie in Deutschland: „Ich habe Pfarrer Dr. Miled Abboud getroffen und er hat mir von dem Angebot erzählt." Seitdem ist viel passiert: Die junge Frau hat viele Menschen aus arabischsprechenden Ländern kennengelernt, die meisten von ihnen sind vor dem Krieg geflohen. „Sie kommen nach Deutschland, kennen die Sprache nicht, alles ist neu – für viele ist die Gemeinde eine gute Möglichkeit, Kontakte zu knüpfen", sagt die libanesische Studentin. Sie engagiert sich bereits seit mehreren Jahren, kümmert sich um die Jugendlichen der Gemeinde, ist Mitglied des Vorstan-des und hat sich beim Bistum Münster als Kommunionhelferin ausbilden lassen – etwas, was in ihrem Heimatland undenkbar wäre. „Wir versuchen, hier eine Mischung aus der orientalischen und europäischen Mentalität zu leben", erklärt sie und fügt hinzu: „Das eine geht nicht ohne das andere."

Davon ist auch Sandra Abboud überzeugt. Vor sechs Jahren ist die 26-Jährige mit ihrer Fami-lie aus Damaskus nach Deutschland gekommen. „Der Krieg in Syrien hat immer größere Ausmaße angenommen, wir konnten nicht mehr bleiben", blickt sie zurück. In den vergangenen Jahren hat die Pharmazie-Studentin eine Kindergruppe in der Gemeinde aufgebaut. Einmal pro Monat treffen sich die 40 Kinder und Jugendlichen zwischen sechs und 18 Jahren. Gestaffelt nach Altersgruppen steht jeweils ein Thema im Mittelpunkt, das Religion und das alltägliche Leben verbindet. „Mit den Jüngeren haben wir beim letzten Mal über Sauberkeit gesprochen. Was sagt die Bibel dazu, wie leben wir das im Alltag?", berichtet Abboud. Bei den Älteren gehe es häufig um die eigene Identität mit Fragen wie „Wer bin ich? Wo gehöre ich hin?" Informationen zur Kultur sowie das Singen arabischer Lieder stehen ebenfalls auf dem Programm.

Für Salm Murad ist die Gemeinde der arabisch-sprechenden Christen eine „Brücke für die Integration". Der 61-jährige Iraker war in seiner Heimat Diakon, in Münster assistiert er Pfarrer Abboud am Altar. Der Kontakt zu den deutschen Pfarreien liegt ihm besonders am Herzen. Er vertritt seine Gemeinde darum im Pfarreirat von St. Mauritz, sein Sohn ist Messdiener am Kirchort Herz Jesu und in der arabischen Gemeinde. „Wir möchten beide Kulturen leben, die deutschen Gemeinden bereichern uns dabei", sagt er.

In der Gemeinde der arabisch-sprechenden Christen schätzt Murad vor allem das Miteinander. Was nicht selbstverständlich ist. Kommen doch mit armenischen, katholischen, orthodoxen und maronitischen Christen gleich mehrere Konfessionen zusammen. „Bei uns in Münster funktioniert das sehr gut", sagt der Iraker. Dies gelte nicht nur für gemeinsame Unternehmungen wie eine Wallfahrt nach Kevelaer oder ein Freizeitausflug nach Amsterdam, sondern auch für religiöse Feste. So wie das Barbarafest, das die syrisch-orthodoxen Christen groß feiern, oder den Gedenktag des heiligen Marouns im Februar, von dem die maronitische Kirche ihren Namen herleitet, ergänzen die jungen Frauen.

Gudrun Niewöhner