Große Verdienste bei der Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs erworben

, Bistum Münster

Am 11. Februar ist der Historiker Prof. Dr. Thomas Großbölting (55) bei einem tragischen Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Prof. Großbölting war in den vergangenen Jahren federführend für die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche im Bistum Münster verantwortlich. 2022 hat er zusammen mit anderen Wissenschaftlern die Studie „Macht und sexueller Missbrauch in der katholischen Kirche. Betroffene, Beschuldigte und Vertuscher im Bistum Münster seit 1945“ herausgegeben. Seit ihrer Konstituierung im Jahr 2024 war er Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission für das Bistum Münster. Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, würdigt den Verstorbenen: 

Prof. Dr. Thomas Großbölting

© Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH)

„Die Nachricht, dass Prof. Thomas Großbölting bei einem tragischen Unfall mitten aus dem Leben gerissen wurde, hat mich tief erschüttert. Zu betonen, dass er sich große Verdienste um die Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs erworben hat, ist richtig, greift aber für mich zu kurz. Denn diese Aufarbeitung, mit der wir ihn und sein Wissenschaftler-Team 2019 für das Bistum Münster beauftragt hatten, war für ihn kein Forschungsprojekt wie jedes andere. Bei jeder Begegnung mit ihm spürte ich, wie sehr das, was Priester und andere Mitarbeitende der katholischen Kirche, Menschen durch sexuellen Missbrauch und seine Vertuschung angetan haben, ihn auch persönlich mitnahm, anrührte und zu Recht zornig machte. Er verlor beim Blick in die tiefsten Abgründe menschlichen Verhaltens zwar nie den Blick des Wissenschaftlers, machte es sich aber zugleich zu einer persönlichen Lebensaufgabe, sich mit unfassbar großem Engagement für die Betroffenen sexuellen Missbrauchs einzusetzen. Mit dem Tod von Prof. Thomas Großbölting haben die Betroffenen sexuellen Missbrauchs einen ihrer wichtigsten Fürsprecher verloren.  

Die Schicksale der einzelnen Betroffenen sexuellen Missbrauchs hatten für ihn die höchste Priorität. Das zeigt auch die Missbrauchsstudie für das Bistum Münster, in der einige dieser ‚Fälle‘ ausführlich geschildert wurden. Darüber hinaus setzte er sich mit der Studie und im Anschluss aber auch intensiv für die Bekämpfung der systemischen Ursachen sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche ein. Wie weit wir hier im Bistum Münster inzwischen gekommen sind, mögen andere beurteilen. Die Maßnahmen, die wir bis in die jüngste Vergangenheit ergriffen haben, um sexuellen Missbrauch in der katholischen Kirche in unserem Bistum möglichst zu verhindern, sind aber ganz entscheidend auch das Verdienst von Prof. Thomas Großbölting. Und so hinterlässt er uns allen, die wir Mitarbeitende und insbesondere Verantwortungsträger in der katholischen Kirche sind, mit seinem Tod den Auftrag und die Mahnung, nicht nachzulassen im Kampf gegen sexuellen Missbrauch. In diesem Sinne werden wir im Bistum Münster das Gedenken an Prof. Thomas Großbölting lebendig halten.

In meinen Gedanken und Gebeten bin ich in diesen Tagen insbesondere bei der Familie von Prof. Thomas Großbölting, bei seiner Frau und seinen Kindern. Seiner Familie und allen, die sich mit ihm verbunden fühlen, spreche ich mein herzliches Beileid aus.“