Hass als Teil des politischen Klimas: Ein Weckruf für unsere Demokratie

, Bistum Münster

Themen gibt es viele, Meinungen noch mehr. Nicht immer werden sie sachlich vorgebracht und ausgetauscht. Und viel zu oft bestimmen Empörung, Negativität, Ich-Bezogenheit und gegenseitige Attacken die Diskussionen. „Die Montagsmeinung“, das neue Meinungsformat des Bistums Münster, soll hier ein anderes Zeichen setzen. Persönlichkeiten aus Gesellschaft und Kirche, die sich dem Bistum verbunden fühlen, setzen sich darin mit Themen auseinander, die für sie und andere relevant und aktuell sind. Die Autorinnen und Autoren lassen es aber nicht bei Klagen und Kritik. Sie haben vielmehr konstruktive Ideen und Lösungsansätze. Diese werden sie künftig alle 14 Tage montags an dieser Stelle mit uns teilen.

Die heutige “Montagsmeinung” kommt von Jannis Fughe Bundesvorsitzender der Katholischen Landjugendbewegung Deutschland (KLJB).

Jannis Fughe

© KLJB Deutschland

Die Zunahme von Hass und Hetze in der politischen Debatte in Deutschland ist zu einem bedrohlichen Thema geworden. Ein alarmierendes Beispiel ist der Rückzug des sächsischen CDU-Politikers Marco Wanderwitz. Wanderwitz, einst Ostbeauftragter der Bundesregierung, erklärte in der vergangenen Woche gegenüber der Freien Presse, dass er nicht erneut für den Bundestag kandidieren werde. „Ich muss meine Familie und mich körperlich und seelisch schützen“, sagte er, „die Angriffe der brutalen Schreihälse sind immer heftiger geworden. Wir haben es als Zivilgesellschaft nicht geschafft, den Abgeordneten den Rücken zu stärken.“

Diese Worte sind ein Weckruf. Sie zeigen, dass Gewalt und Hass, die in Form von Beleidigungen und Bedrohungen vor allem politische Verantwortungsträgerinnen und -träger treffen, zunehmend auch den gesellschaftlichen Diskurs vergiften. Diese Entwicklung betrifft längst nicht mehr nur die politische Sphäre, sondern schleicht sich immer mehr in den Alltag vieler Menschen ein.

Wanderwitz' Rückzug ist ein Signal: Es wird immer schwieriger, sich politisch zu engagieren, wenn der Preis dafür ein Leben unter permanentem Hass und Drohungen ist. Spätestens, seit die AfD in die Parlamente eingezogen ist, gehört Hass zum politischen Klima in Deutschland. Angriffe, die über politische Auseinandersetzungen hinausgehen und in persönliche Beleidigungen sowie Bedrohungen münden, nehmen stetig zu. Auch viele Kommunalpolitiker/-innen, Bürgermeister/-innen und Verantwortungsträger/-innen in der Zivilgesellschaft müssen sich zunehmend gegen Hass im Netz und in der realen Welt wehren. Diese Entwicklung überschreitet immer öfter die Grenze des Erträglichen und stellt ein gefährliches Signal für unsere Demokratie dar.

Der Rückzug von Marco Wanderwitz ist dabei kein Einzelfall. Auch viele andere politische Entscheidungsträger/-innen auf allen Ebenen haben sich in den letzten Monaten aufgrund von Hass und Bedrohungen aus der Politik zurückgezogen. Das wirft eine drängende Frage auf: Wer möchte sich überhaupt noch politisch engagieren, wenn Gewalt und Anfeindungen zur ständigen Begleitung werden? Wer übernimmt Verantwortung, wenn die persönliche Sicherheit und die der eigenen Familie auf dem Spiel stehen? 

Diese Entwicklung betrifft uns alle. Wenn wir nicht gegen die Verrohung des öffentlichen Diskurses vorgehen, geben wir denen Recht, die Hass und Hetze als legitime Formen der Auseinandersetzung ansehen. Noch schlimmer: Wir ermutigen diejenigen, die die Atmosphäre weiter vergiften. Hass, Beleidigungen und Bedrohungen – ob gegen Politiker/-innen oder Privatpersonen – dürfen nicht zur Norm werden.

Es ist höchste Zeit, dass wir als Gesellschaft klar Stellung beziehen. Wir müssen gegen die Verrohung des öffentlichen Diskurses eintreten – online wie offline. Wenn wir die Würde und den Respekt voreinander verlieren, gefährden wir das Fundament unserer Gesellschaft. 

Es liegt an uns allen, den Hass nicht zu akzeptieren. Nur wenn wir uns entschieden gegen Hetze und Gewalt stellen, können wir eine Gesellschaft bewahren, in der sich jeder Mensch sicher und respektiert fühlt.