Hohe-Giethorst-Schule erfolgreich bei Projektwettbewerb des Bistums
Inklusion – gemeinsamer Unterricht von Kindern mit und ohne Handicaps? Das machen wir, sagte sich Hauptschullehrer Klaus Held von der Hohe-Giethorst-Schule in Bocholt, als er eine fünfte Klasse übernahm.
Zum Start der damaligen 5a im Jahr 2010 "stellten wir aber schnell fest, dass es problematisch werden kann, wenn Menschen mit kleinen und großen Handicaps, mit geistigen, körperlichen oder Lernbehinderungen, großen und kleinen Verhaltensproblemen, großer und kleiner Intelligenz aufeinander treffen – und man allen gerecht werden soll." Schüler, Eltern und Lehrer waren die ständigen Streitereien leid. Eine erste Antwort fand Held mit dem Team von "Outside.NRW" in Bocholt. Die Idee zum Projekt "Starke Kinder" war geboren – und wird nun vom Bistum Münster ausgezeichnet.
Anlässlich des 750-jährigen Bestehens des St.-Paulus-Dom hat das Bistum einen Wettbewerb ausgeschrieben: Gesucht wurden Projekte, die die Welt besser machen. Im Kreisdekanat Borken zählt die Hohe-Giethorst-Schule in Bocholt mit "Starke Kinder" zu den Preisträgern.
Um Konflikten, Hänseleien und Ärger in der Klasse zu begegnen, tauschten die Kinder das Klassenzimmer mit der freien Natur. Gemeinsam mit Pfadfinderleiter, Erzieher und Survivaltrainer Tobias Sahlmann von "Outside.NRW" verbrachten sie eine Woche an einer Pfadfinderhütte. Bei Übungen und Spielen ging es um Zusammenarbeit und Vertrauen. "Es waren Aktionen, bei denen es aufeinander ankam", erzählt Religionslehrer Held. In Rollenspielen arbeiteten sie alltägliche Konfliktsituationen auf und reflektierten ihre Erfahrungen. Und wenn einer, der sonst am lautesten lacht, selbst erfährt, wie es sich anfühlt, ausgelacht zu werden, dann weiß er, "dass das eine saublöde Situation ist", sagt der Klassenlehrer. Außerhalb von Unterricht und Schule sollten die Kinder so lernen, wie Miteinander funktioniert und was starke Kinder ausmacht: Respekt, Toleranz, Mut und Hilfsbereitschaft etwa.
Immer im ersten Schulhalbjahr stand nun außerdem eine "soziale Woche" an: ein Anti-Aggressions-Training, eine Kanu-Tour oder gemeinsames Klettern, bei dem die Kinder gleichzeitig ihre Grenzen kennen und aufeinander einzugehen lernten. Im vergangenen Jahr verbrachten sie drei Tage im Friedensdorf in Oberhausen mit Kindern aus Afrika. "Wir haben gebastelt und gespielt", erzählt Schüler Engin Can. Auch einen Rollstuhlkurs machten sie: "Es ging darum, zu wissen, wie das ist, mit einer Behinderung zu leben", erläutert Held.
"Starke Kinder" – das seinen Namen übrigens dem Lied von Rolf Zuckwoski verdankt – besteht so aus vielen Einzelprojekten. Nicht alle sind dabei neu erfunden worden, betont Klaus Held. Die Ausbildung zu Schulsanitätern gab es an der Schule bereits. Auch der Besuch mit dem Friedenslicht im Seniorenheim, der Verkauf von Weihnachtskarten zugunsten des Kinderkrankenhauses in Bethlehem und die Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag mit niederländischen Jugendlichen haben gute Tradition. Regelmäßig gibt es an der Hohe-Giethorst-Schule zudem Begegnungen mit Schülern aus Polen, Litauen und den Niederlanden.
Das Projekt "Starke Kinder" zieht sich durch alle sechs Schuljahre. Bislang läuft es allein in Helds Klasse, der derzeit einzigen Klasse mit gemeinsamem Unterricht (GU-Klasse). Auch in anderen Klassen könnte das Projekt problemlos durchgeführt werden – das Konzept steht. Viele der Bausteine sind freiwillig und klassenübergreifend, es beteiligen sich auch andere Schüler. "Aber wenn gefragt wird, wer mitmachen will, haben bei uns in der Klasse immer fast alle aufgezeigt", erzählt der 15-jährige Engin Can, "wir machen gerne was für andere."
Es sei allerdings nicht immer leicht, so ein Projekt im Schulalltag unterzubringen, meint Held. "Durch die ständig wachsenden Anforderungen sowie inhaltlichen und organisatorischen Auflagen kommt oft das zu kurz, was Inklusion ausmacht: das Miteinander", findet der Pädagoge.
Soziales Lernen habe an der Hauptschule daher immer im Fokus gestanden. Es gebe unter anderem eine Partnerschaft mit der Bischof-Ketteler-Schule, einer Förderschule für geistige Entwicklung in Bocholt. Im Rahmen eines sozialen Praktikums verbringen die Schüler außerdem einen Tag in der Woche im Krankenhaus, Kindergarten oder Seniorenheim.
In dem Lied von Rolf Zuckowski heißt es "Starke Kinder halten felsenfest zusammen" – und das tut die heutige Klasse 9a auch. "Sie sind wirklich zusammengewachsen", sagt Klaus Held. Das gute Klima bestätigten ihm auch Kollegen. "Wir sagen so langsam nicht mehr Klasse, sondern Familie", sagt Canan lachend. In der fünften Klasse hätten sie viel gestritten – das habe sich geändert, erzählt die 16-Jährige. Laura (14) stimmt ihr zu. Sie sei früher wegen der Hänseleien nicht gern zur Schule gegangen: "Aber jetzt akzeptiert jeder jeden." Canan schildert: "Wir kennen uns alle sehr gut, wissen, wer wovon träumt, und unterstützen uns gegenseitig. Natürlich haben wir Diskussionen, aber wir vertragen uns immer wieder."
Mehr Informationen gibt es im Internet unter www.hohe-giethorst-schule.net. Näheres zum Projektwettbewerb ist www.domjubilaeum.de/sozialprojekt/projektwettbewerb.de zu finden.
Text: Bischöfliche Pressestelle
Kontakt: pressestelle[at]bistum-muenster.de