Grundsätzlich ist nicht jede Darstellung von Jüdinnen und Juden zugleich antijüdisch, an vielen Stellen dient sie zunächst nur dazu, diese als Vertreter des Alten Testaments zu kennzeichnen. Einige Darstellungen des Judentums in und an evangelischen und katholischen Kirchengebäuden entfalten aber bis heute eine verletzende und herabwürdigende Botschaft und Wirkung. Die (Erz-)Bischöfe und evangelischen Kirchenleitungen erklären gemeinsam: „Wir werden uns zunehmend bewusst, dass der christliche Antijudaismus dem modernen Antisemitismus einen fruchtbaren Boden bereitet hat. Vor diesem Hintergrund stellen wir uns der Verantwortung der Aufarbeitung. Dies ist auch Aufgabe in unseren Gemeinden und kirchlichen Einrichtungen.“ Daraus folgern sie: „Wir wollen dazu ermutigen, vor Ort bewusst und gut begründet mit den Objekten umzugehen und Verantwortung zu übernehmen.“
Nach grundlegenden Ausführungen zu antijüdischen Inhalten und der Bedeutung von Bildern, sowie einer Einordnung der theologischen Erneuerung des christlich-jüdischen Verhältnisses folgen Beispiele von antijüdischen Motiven in Geschichte und Kunstgeschichte. Außerdem werden verschiedene Möglichkeiten des kritischen Umgangs am Ort sowie die Möglichkeiten der Auseinandersetzung in der Gemeinde vorgestellt.
Der Bischof von Münster, Dr. Felix Genn, sagt zur Veröffentlichung der Leitlinien: „Ich bin sehr dankbar, dass diese Handreichung entstanden ist und nun in den vermutlich letzten Tagen meiner Amtszeit veröffentlicht werden kann. Ich hoffe, dass die Leitlinien zur Sensibilisierung und Auseinandersetzung mit historischen antijüdischen Bildwerken beitragen werden, die in einigen unserer Kirchen zu finden sind. Sie mahnen vor einem fatalen religiösen Absolutheitsanspruch.“
In katholischen Kirchen im Bistum Münster sind bisher die folgenden antijudaistischen Darstellungen bekannt:
- Vellern-(Beckum) St. Pankratius, Taufstein mit Synagoge und Ecclesia
Sandstein, um 1240 - Dorsten, St. Agatha, Taufstein mit Judenfratze
Sandstein, um 1280 - Gescher, St. Pankratius, Kreuzweg
Wandmalerei, 1935, Bernd Terhorst Emmerich - Marienfeld-(Harsewinkel), Unbefleckte-Empfängnis-Mariens, Konsole mit Judenhut
Sandstein - Münster, St. Paulus-Dom, Paradies, Relief „Thronende Madonna“
Sandstein, um 1225/30 - Münster, St. Lamberti, Nebenchorportal, Skulpturengruppe „Synagoge und Ecclesia“
Sandstein, 1910, Wilhelm Bolte (Münster - Münster, St. Ägidii, Taufstein mit Relief „Christus predigt gegen den Mammon“
Sandstein, 1554 - Nottuln, St. Martinus, Relief mit Ölbergszene
Sandstein, frühneuzeitlich (heute im Baumberger Sandsteinmuseum, Havixbeck) - Straelen, St. Peter und Paul, Seitenportal Nordseite „Synagoge und Ecclesia“
Sandstein, 19. Jhdt. - Telgte, St. Clemens, Kreuzweg, Hoher Priester mit Judenhut
19. Jhdt - Warendorf, St. Laurentius, Flügelretabels Figuren mit Judenhüten
Eiche, um 1414 - Xanten, St. Viktor, Hochchor, Kapitellplastik mit „Sus et Judei“-Darstellung
Sandstein, um 1270
Dr. Stephan Kronenburg