Kirchenfoyer zeigt Kunst der Jüdin Hima Stolzberg-Rossberg aus Münster
Susana Rossberg steht vor einer Vitrine im Kirchenfoyer in Münster und betrachtet eine Büste aus Ton. Die Büste zeigt sie selbst. "Die hat meine Mutter angefertigt, als ich ein junges Mädchen war", sagt die heute 70-Jährige.
Sie ist aus Brüssel angereist, um im Kirchenfoyer die Ausstellung mit Kunstwerken ihrer Mutter Dr. Hima Stolzberg-Rossberg mit eigenen Augen zu sehen. Die Töpferwerke und Holzschnitte befinden sich bereits seit einigen Jahren im Besitz des Geschichtsortes "Villa ten Hompel" in Münster.
Susana Rossberg war erst 15 Jahre alt, da starb ihre Mutter in Sao Paolo. Dorthin war die Jü-din, die in Münster aufgewachsen war, das Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium und die Universität besucht hatte, 1936 vor den Nationalsozialisten geflüchtet. Noch in Münster musste die promovierte Kinderärztin ihre Berufsbezeichnung von "Ärztin" in "Sprechstun-denhilfe" ändern. Auch nach ihrer Emigration durfte sie nicht in ihrem Beruf arbeiten, weil die Sprachkenntnisse in Portugiesisch nicht ausreichten.
"Sie hat so gut wie nie über ihre Zeit in Münster und unsere Religion gesprochen", erinnert sich Tochter Susana Rossberg. Sie bezeichnet ihre Familie als "nicht sehr religiös", nur wenige Male hätten sie die Synagoge in Brasilien besucht. "Und trotzdem hat uns der Glaube etwas bedeutet, das tut er bis heute", betont die Jüdin. Nach dem Tod ihrer Eltern ging sie nach New York zu ihrer Tante, die ebenfalls in Münster aufgewachsen war und dort als Tänzerin ausgebildet wurde. Nach einer Ausbildung zur Filmcutterin führte Susana Rossbergs Weg sie an die Elite-Universität Harvard, bevor es sie nach Brüssel, ihrem heutigen Wohnort zog.
Zum zweiten Mal ist Susana Rossberg in Münster – der Ort, der sie mit ihrer Mutter verbindet: "Wenn ich durch die Straßen laufe und nach oben zu den alten Gebäuden und Kirchtürmen schaue, dann frage ich mich, was meine Mutter gedacht hat, als sie die Gebäude damals betrachtet hat." Auch für Christoph Spieker, Leiter der "Villa ten Hompel" ist die Ausstellung eine besondere Ehre: "Es ist eine schöne Vorstellung, dass diese Kunstwerke zum Teil hier in Münster am Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium entstanden sind", sagt er.
Rupert König, Leiter des Kirchenfoyers, sieht vor allem in der aktuellen Flüchtlingssituation einen Anlass für die Ausstellung: "Verfolgung und Flucht – das ist wieder aktuell. Zahlreiche Flüchtlinge finden derzeit bei uns, zumindest vorerst, eine neue Heimat. Doch umgekehrt gab es auch Zeiten, in denen Menschen aus Münster und vielen anderen Städten fliehen mussten."
Eine Auswahl von Kunstwerken, betreut von den münsterschen Historikerinnen Gisela Möl-lenhoff und Rita Schlautmann-Overmeyer, ist noch bis Samstag, 2. Juli, im Kirchenfoyer (Ecke Lambertikirchplatz/ Salzstraße) zu den Öffnungszeiten (montags bis freitags 10 Uhr bis 18 Uhr, samstags 10 Uhr bis 16 Uhr) zu sehen.
Bildunterschrift: Gemeinsam haben sie am 8. Juni die Ausstellung im Kirchenfoyer eröffnet: Kuratorin Gisela Möllenhoff, Susana Rossberg, Tochter der verstorbenen Künstlerin, Rita Schlautmann-Overmeyer, Christoph Spieker, Leiter der "Villa ten Hompel", Ruth Frankenthal von der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster und Rupert König, Leiter des Kirchenfoyers (von links).
Text: Bischöfliche Pressestele / 09.06.16
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Foto: Bischöfliche Pressestelle/ Ann-Christin Ladermann