Leihgaben aus dem Bistum Münster zu Ausstellung nach Groningen geschickt

, Bistum Münster, Stadtdekanat Münster, Kreisdekanat Steinfurt

Aus einer gescheiterten Eroberung vor 350 Jahren ist eine friedliche, vor allem aber spannende Zusammenarbeit geworden: Leihgaben aus dem Bistumsarchiv Münster sowie je aus dem Besitz der Kirchengemeinde St. Reinhildis Hörstel und des Münsteraner Domkapitels haben Anfang der 14. Kalenderwoche die Reise ins niederländische Groningen angetreten. Dort werden sie vom 23. April bis 30. Oktober in der Ausstellung „Stadt hält Stand – 350 Jahre Befreiung Groningens“ im Groninger Museum zu sehen sein.

Ein Mann in dunkelblauer Arbeitsjacke und mit weißen Handschuhen wickelt einen umgekehrt stehenden Sturzbecher in einen weißen Stoff ein.

Sorgsam verpackt wurde auch die Lüdinghauser Glocke auf die Reise geschickt.

© Bistum Münster

Alle Leihgaben stehen in Verbindung mit Christoph Bernhard von Galen (1606 bis 1678). Er war von 1650 bis 1678 Fürstbischof von Münster. 1672 versuchte er mit seinen Verbündeten im Holländischen Krieg, Groningen zu erobern. Dieses Vorhaben scheiterte – der Ausstellungstitel erinnert an den erfolgreichen Widerstand der Groninger. Ihre Nachfahren gedenken dessen mit jährlichen Feierlichkeiten und – zum 350. Jubiläum – mit der Ausstellung. „Dabei wird von Galen als international agierender Landesherr und Bischof im Kontext seiner Zeit präsentiert“, sagt Viktoria Weinebeck, wissenschaftliche Referentin der Domkammer des St.-Paulus-Doms.

So wird die Ausstellung unter anderem das Reiseset des Fürstbischofs zeigen, das ihm zum Amtsantritt gestellt wurde. Es besteht aus einem knielangem Reisemantel, einem Reisehut mit breiter Krempe und einer Mozzetta – einem umhangähnlichen Schulterkragen für Kleriker. Alle Stücke sind aus grauviolettem Seidenmoirée gefertigt worden, dessen gut erhaltene, glänzende Beschaffenheit ihren Wert sichtbar macht. Laut Forschung gilt dieses Reiseset als einzig überliefertes dreiteiliges Ensemble aus der Mitte des 17. Jahrhunderts.

Auffällig ist die lange Knopfleiste der Mozetta, die über dem Mantel getragen wurde. Jedoch mussten von diesen 19 Knöpfen nur sieben geöffnet oder geschlossen werden. Die übrigen dienten, arrangiert in Dreiergruppen, ausschließlich zur Zierde.

Als Bestandteil der Kardinal-von-Galen-Stiftung, die seit 1955 die Leitung des Bistumsarchivs verwaltet, ist das Reiseset üblicherweise zu den Öffnungszeiten des Archivs im 2018 eingerichteten Von-Galen-Gedenkraum zu sehen. Dass sich das wertvolle Set jetzt fachgerecht verpackt sicher auf den Weg in die Niederlande machte, dafür sorgten seitens des Bistumsarchivs dessen Leiter Heinz Mestrup und für die Gruppe Kunstpflege des Bistums Münster Charlotte Müller in Zusammenarbeit mit Anja Lienemann, Fachrestauratorin für Textil.

Mit dem Fürstbischof in Verbindung steht auch ein zweites Ausstellungsstück, das nach Groningen ausgeliehen wurde: die Galensche Monstranz der Kirchengemeinde St. Reinhildis Hörstel. Sie war ein Geschenk von Galens an deren heutige Filialkirche St. Marien in Bevergern. „Die Monstranz zeigt das Wappen des Fürstbischofs, das sich auch auf weiteren Kunstgegenständen, die von Galen stiftete, identifizieren lässt“, erklärt Dr. Christina Eifler von der Gruppe Kunstpflege.

Der Hintergrund war, dass von Galen – bevor seine Offensive vor Groningen steckenblieb – mehrere von Niederländern besetzte Gebiete zurückerobert hatte. Dort förderte er den Wiederaufbau vieler Kirchen und stiftete großzügige Geldbeträge. Für Bevergern gab er 1655 einen Hochaltar und vier versilberte Leuchter in Auftrag. Weitere Skulpturen und Gemälde sowie die Monstranz folgten. Seitdem wird letztere in St. Marien regelmäßig für feierliche Gottesdienste genutzt.

Das Domkapitel des St.-Paulus-Doms Münster schließlich verleiht vier Objekte an die Groninger Ausstellung. Dazu zählen der Horstmarer Pauluspokal, 1651 von den Ständen des Amtes Horstmar dem Fürstbischof geschenkt, und die Lüdinghauser Glocke, ein Sturzbecher, den Christoph Bernhard selbst stiftete. Außerdem werden ein Bischofsring von etwa 1650 und ein diamantenbesetztes Pektorale – das Brustkreuz geistlicher Würdenträger – von 1663/64 verliehen. „Letzteres soll Christoph Bernhard am Wiener Hof als Dank für seine Unterstützung in einem anderen kriegerischen Konflikt erhalten haben“, sagt Weinebeck.

Sie und die anderen Beteiligten freuen sich, die Objekte aus dem Dom und dem Bistum Münster in Groningen einem größeren Publikum zugänglich zu machen: „Kurz vor dem Jubiläumsjahr zum Westfälischen Frieden in Münster und Osnabrück werden so die politischen und religiösen Verflechtungen in der Zeit unmittelbar nach dem Westfälischen Frieden, ein Teil der europäischen Geschichte, auf spannende Weise zugänglich gemacht.“

Anke Lucht

Bildunterschrift:

1: Für den Transport des wertvollen Reisesets inklusive Hut wurde eine eigene Schutzumhüllung passgenau zugeschnitten. Foto: Bischöfliche Pressestelle / Julia Erhard