Mit Schleifmaschine und Blattgold auf dem Weg zur Krippe

, Kreisdekanat Warendorf

Sie war jedes Jahr ein kleines bisschen anders, die Krippe im Hause Lutterbeck. „Meine Eltern haben viel Wert daraufgelegt, eine schöne, detailreiche Landschaft zu erschaffen“, erinnert sich Stefan Lutterbeck an seine Kindheit mit einer klassischen Gipskrippe der Firma Mazzotti. Längst erschafft der 62-Jährige selbst Krippen. Seit 1977 beteiligt sich der Steinmetz und Bildhauer mit eigenen Werken an der weit über die Region hinaus bekannten Krippenausstellung im Museum Relígio in Telgte. Auch für die diesjährige Ausstellung, die noch bis Sonntag, 22. Januar, zu sehen ist, hat Lutterbeck zwei Krippen geschaffen – eine aus Stein und eine aus Holz.

Stefan Lutterbeck mit seiner ersten gefertigten Krippe aus dem Jahr 1977, die noch heute in seiner Everswinkler Werkstatt steht.

© Bistum Münster

„Rilke, Marien-Leben“, so hat der Steinbildhauermeister Stefan Lutterbeck aus Everswinkel seine diesjährige Krippe aus Baumberger Sandstein für die Telgter Krippenausstellung benannt.

© Museum Relígio, Stephan Kube, Greven

Stein ist Lutterbecks vorrangiges Arbeitsmaterial. „Etwas aus Holz zu schaffen, ist dagegen eher eine kreative Spielerei für mich“, erklärt der Everswinkler. Weil er dabei „mehr Freiheit im Kopf“ hat, legt Lutterbeck meist einfach los – gerne auch mit Werkzeug, das er sonst für seine Steinarbeiten in Gebrauch hat. „Da kann es auch mal vorkommen, dass ich das Holz mit einer Schleifmaschine bearbeite“, nennt er ein Beispiel. 

Mindestens 300 Jahre alt, und damit weich und wunderbar zu schneiden, ist das Holzstück, das er beim Schreiner seines Vertrauens für die diesjährige Krippe erstanden hat. Lutterbeck spielt dabei mit einem Astloch in Form eines Sterns. „Der Stern war tatsächlich schon da. Mit Blattgold veredelt wird das Jesuskind zum leuchtenden Stern“, beschreibt der Künstler. Die Figuren von Maria und Josef hat er eingeritzt, aus dem oberen Ende des Holzstücks hat er durch Schnitzarbeiten eine Gruppe von Menschen entstehen lassen. „Sie befinden sich auf dem Weg zur Krippe“, deutet Lutterbeck sein eigenes Werk. 

Die Form für seine Haupt-Krippe kam dem Steinmetz, als er den Titel der Ausstellung „mittendrin“ hörte: „Ich habe sofort an einen Kreis gedacht und dieser Gedanke hat mich nicht mehr losgelassen.“ Einen Meter Durchmesser hat die schwere Platte aus Baumberger Sandstein, die Heilige Familie bildet die Mitte. Lutterbeck hat den Hintergrund vergoldet, hat – wie so oft bei seinen Krippen – mit Blattgold gearbeitet: „Damit möchte ich hervorheben, dass das, was dort dargestellt wird, etwas Wertvolles ist“, erklärt er. Die herausgearbeiteten Menschen im unteren Teil zeigen: „Jesus ist jemand aus dem Volk, einer von uns.“ Auf die Steinplatte hat Lutterbeck einen Spruch von Rainer Maria Rilke eingelassen: „Sieh, der Gott, der über Völkern grollte, macht sich mild und kommt in dir zur Welt. Hast du dir ihn größer vorgestellt? Was ist Größe?“ In das „Tosen der Welt“ sei Jesus hineingeboren worden, erklärt Lutterbeck. „Das passt gut in unsere heutige Zeit, es scheint auch bei uns in der Welt zu tosen.“

Auch diese Krippe aus Eichenholz mit dem Titel „Mittendrin“ stammt von Stefan Lutterbeck und ist noch bis zum 22. Januar in der Krippenausstellung im Telgter Relígio-Museum zu sehen.

© Museum Relígio, Stephan Kube, Greven

Bei der Wahl der Worte von Rilke hatte der Steinmetz Unterstützung durch seine Frau. „Immer wenn ich auf der Suche nach einem Spruch bin, zum Beispiel für personenbezogene Grabmale, spürt meine Frau passende, oft nicht ganz so geläufige Sprüche auf“, beschreibt er die Teamarbeit. Meist haben die Sprüche einen christlichen Bezug. „Der christliche Gedanke prägt meine Arbeit“, sagt der 62-Jährige mit großer Selbstverständlichkeit. 

Deshalb liegen ihm auch zwei freiwillige Projekte im Jahr, bei denen die Bildhauerei weniger Beruf als viel mehr Hobby ist, besonders am Herzen: „Die Skulptur zum Fest Mariä Himmelfahrt in Warendorf und die Krippen für die Ausstellung in Telgte“, sagt er. So leicht ihm die kreative und handwerkliche Arbeit von der Hand geht, stellt es den Everswinkler doch jedes Jahr wieder vor eine Herausforderung– vor allem zeitlich gesehen. „Meine Krippen schaffen es manchmal nicht in den Katalog, weil ich sie zu spät einreiche“, sagt Lutterbeck mit einem Schmunzeln. Vor September könne er keinen Gedanken an das Projekt fassen. „Ich kann bei 30 Grad keine Weihnachtskrippe fertigen.“ Erst wenn es draußen herbstlicher und kühler wird, zieht es ihn spätabends oder samstags in die Werkstatt. 

Inzwischen zieren gleich mehrere Krippen seine Steinmetzwerkstatt. „Es werden immer mehr“, sagt Lutterbeck, der auch seine allererste Krippe noch hat. Grundsätzlich stehen alle seine Krippen zum Verkauf. „Aber viele sind für Privatpersonen schlicht zu groß“, weiß der Steinmetz und denkt an eine seiner größten Arbeiten aus dem Jahr 2006, einen Torbogen mit drei Szenen des Weihnachtsgeschehens. Lutterbecks Krippe aus dem vergangenen Jahr ist in dieser Adventszeit in der nordrhein-westfälischen Landesvertretung in Berlin zu sehen. Was mit seinen beiden aktuellen Krippen nach der Telgter Ausstellung passiert, weiß er noch nicht. „Erstmal sind sie dort in den kommenden Wochen gut aufgehoben.“

Die Telgter Krippenausstellung kann noch bis Sonntag, 22. Januar, besucht werden. Montags ist das Museum geschlossen, dienstags bis sonntags von 11 bis 18 Uhr geöffnet. 

Ann-Christin Ladermann