Muslimische Kinder in katholischen Kitas

, Bistum Münster

Der Dialog zwischen den Religionen: Das Thema liegt Angelica Hilsebein am Herzen. Nicht ohne Grund hat sich die Leiterin des Referats „Christen und Muslime“ im Bischöflichen Generalvikariat (BGV) in Münster vor drei Jahren dazu entschlossen, noch einmal die Hörsaal-Bank zu drücken und das Masterstudium „Interreligiöse Dialogkompetenz“ an der Katholischen Hochschule in Köln aufzunehmen. In ihrer Masterarbeit beschäftigte sie sich mit der Frage, wie muslimische Eltern als Vermittler ihrer Religion in katholische Kitas einbezogen werden können. Die Erkenntnisse kann sie nun mit in ihre Arbeit im Bistum Münster einfließen lassen.

Angelica Hilsebein mit ihrer Masterarbeit zur Frage, wie muslimische Eltern als Vermittler ihrer Religion in katholische Kitas einbezogen werden können.

© Bistum Münster

Immer mehr muslimische Kinder besuchen katholische Einrichtungen und stellen Erzieherinnen und Erzieher vor Herausforderungen, weiß Angelica Hilsebein: „Das interreligiöse Lernen hat bisher kaum eine Rolle im Kita-Alltag gespielt. Daher fühlen sich einige Erzieherinnen in dieser Frage verunsichert.“ Aber auch die muslimischen Eltern und ihre Kinder fragen sich, wie sie als Andersgläubige wahrgenommen werden.

Für ihre Abschlussarbeit untersuchte Angelica Hilsebein die religiöse Lebenswelt muslimischer Eltern und Kinder, ihre Einstellungen zum christlich-katholischen Profil und die Präsenz des Islams in katholischen Einrichtungen. „Ich habe in drei Kitas an unterschiedlichen Standorten im Bistum mit muslimischen Eltern Interviews geführt und geschaut, wie das katholische Profil gestärkt werden kann und gleichzeitig andere Religionen in den Kita-Alltag miteinbezogen werden können.“ Durch die Trägerschaft würden die – katholischen – religiösen Riten und Bräuche vorgegeben. „Aber der Islam ist da“, betont Angelica Hilsebein. „Daher gilt es jetzt, eine katholische Theologie zu entwickeln im Hinblick auf andere Religionen.“ Zudem gebe es einen Auftrag der Deutschen Bischofskonferenz, dass die Interreligiosität ein Bestandteil des religiösen Angebots in der Kita sein soll.

Angelica Hilsebeins Untersuchung hat ergeben, dass sich muslimische Eltern zum Teil bewusst für eine konfessionelle Kita entschieden hätten, auch wenn es nicht die der eigenen Religion sei. „Denn dort bekommt das Kind Werte vermittelt, die beiden Religionen wichtig sind.“ Auch gebe es kein Problem mit dem katholischen Profil der Kitas. „Hauptsache, Gott spielt noch eine Rolle“, gibt sie die Einstellung der Eltern wieder. Diese hätten auch nichts dagegen, dass ihre Kinder am Kita-Alltag mit seinen religionspädagogischen Angeboten, religiösen Feiern und Ritualen teilnehmen. „Sie können alles mitmachen, nur das Kreuzzeichen nicht. Das lässt sich mit ihrem Glauben nicht vereinbaren“, erklärt Angelica Hilsebein.

Bei ihrer Recherche habe sich abermals bestätigt: „Uns verbindet mehr, als uns trennt. Wir haben gemeinsame Wurzeln, gemeinsame Werte.“ So sei Abraham der gemeinsame Stammvater der drei monotheistischen Weltreligionen und Jesus komme als bedeutsamer Prophet auch im Koran vor. Ein Anknüpfungspunkt in der Kita könne die hebräische Bibel beziehungsweise das Alte Testament mit seinen Prophetengeschichten sein. „Muslimische Eltern können eingeladen werden und die Geschichte von Abraham, Noah und seiner Arche oder von Jona erzählen. Das bietet eine Chance, die muslimische Perspektive miteinzubeziehen und sich gegenseitig besser kennen zu lernen“, schlägt Angelica Hilsebein vor.

Sie ermutigt die Erzieherinnen und Erzieher, sich mit den verschiedenen Religionen auseinander zu setzen, sich Grundwissen anzueignen und gleichzeitig die Verankerung in ihrer eigenen Religion zu stärken. „Das schafft Vertrauen und Verständnis füreinander.“ Ihre Untersuchung habe gezeigt, dass die muslimischen Eltern die Erzieherinnen als sehr wertschätzend ihnen gegenüber erleben. „Wenn wir jetzt noch die Kitas dafür sensibilisieren können, muslimische Eltern als Ressource zu sehen und sie miteinzubeziehen, kann die Vielfalt der Religionen sogar als Bereicherung gesehen werden“, blickt Angelica Hilsebein hoffnungsvoll in die Zukunft. Dazu steht sie im engen Austausch mit dem Leitungsteam des Aktionsprogramms „Kita – Lebensort des Glaubens“ im Bistum Münster.

Jürgen Flatken