„Partnerschaft braucht Begegnung“

, Bistum Münster

„Partnerschaft braucht Begegnung. Es ist beeindruckend und wertvoll zu erleben, wie über Grenzen hinweg eine so tiefe Verbundenheit vorhanden ist.“ Diese Bilanz einer gut zweiwöchigen Reise nach Ghana hat am 7. März in Münster Judith Wüllhorst gezogen. Sie leitet die Fachstelle Weltkirche und globale Zusammenarbeit im Bistum Münster und gehörte zur Delegation des Bistums Münster, die – mit Bischof Dr. Felix Genn an der Spitze – im Februar aus Anlass des 40-jährigen Jubiläums der Partnerschaft zwischen dem Bistum Münster und den nordghanaischen Diözesen Tamale, Damongo, Wa, Navrongo-Bolgatanga und Yendi zu Gast im Partnerland war. 

Im Anschluss an die Jubiläumsfeierlichkeiten besuchte Judith Wüllhorst gemeinsam mit der Leiterin der Hauptabteilung Seelsorge im Bistum Münster, Maria Bubenitschek, sowie mit den Mitarbeitenden der Fachstelle, Pater Hans-Michael Hürter und Christa Kortwinkel, noch weitere Projekte im Partnerland, führte Gespräche mit den Partnerorganisationen und machte sich ein vertieftes Bild der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kirchlichen Situation im Partnerland. 

Judith Wüllhorst und Maria Bubenitschek bilanzieren ihre Reise in die ghanaischen Partnerdiözesen des Bistums Münster

Der Fluss Pra ist durch Goldabbau und Chemikalien total verschmutzt.

„Die katholische Kirche in Ghana ist eine der entscheidenden Institutionen, die für Stabilität und Entwicklung in dem Land sorgt“, sagt Wüllhorst. Dabei fördere die katholische Kirche viele soziale, kirchliche sowie Bildungs-, Umwelt- und Gesundheitsprojekte. Oft seien es dabei „starke Frauen“, die diese Projekte leiteten. „Wir haben etwa in Tamale ein Krankenhaus besucht, das wir unterstützen. Hier werden Menschen unterschiedlicher Religionen behandelt die sich ansonsten keine medizinische Versorgung leisten können“, erläutert sie. Auch eine Schule, in der unter anderem junge Männer unterrichtet werden, die Priester werden möchten, haben die beiden besucht. Große Teile dieser Schule waren im vergangenen Jahr einer Brandstiftung zum Opfer gefallen. Perspektivisch werde das Bistum Münster in der Kirchenprovinz Tamale in den nächsten Jahren verstärkt in Solar- und Umweltschutzprogramme investieren und die handwerkliche Ausbildung junger Menschen fördern. „Wir haben im Süden Ghanas im wahrsten Sinne des Wortes erlebt, wie der Klimawandel und ein fehlendes Umweltbewusstsein die Erde zerstören. Am Meer sind ganze Landstriche durch den Anstieg des Meeresspiegels bereits verschwunden. Das Meer und auch die Flüsse sind durch den Goldabbau und das Auswaschen des Goldes mit Chemikalien total verschmutzt. Die Situation dort ist heute schon dramatisch.“ 
 

Wenn Bildungsprojekte gefördert werden, sei es wichtig, im Blick zu haben, wohin die Bildung führen solle und den Partnern nicht den Eindruck zu vermitteln, sie müssten der Entwicklung in Deutschland oder Europa „hinterherziehen“. „Das wäre vielleicht sogar eine neue Form des Kolonialismus, dessen Auswirkungen wir in Ghana noch immer an vielen Stellen spüren. Vielmehr ist es in der Bildungsarbeit zentral, die Menschen in Ghana in ihren eigenen Werten zu stärken, sie eigene Positionen entwickeln zu lassen und ihnen nicht einfach die wirtschaftskapitalistischen Logiken der westlichen Welt ‚überzustülpen‘“, sagt Judith Wüllhorst. In der Konsequenz führten diese Logiken, das betone auch Papst Franziskus immer wieder, zur Ausbeutung und Zerstörung der Natur. Hiervon aber seien die ärmsten Länder des Südens, so auch Ghana, am stärksten und schon jetzt sehr betroffen.  

Maria Bubenitschek, Judith Wüllhorst und Christa Kortwinkel (v.l.) trafen in Ghana unter anderem mit Kindern eines Waisenhauses zusammen.

Maria Bubenitschek, Judith Wüllhorst und Christa Kortwinkel (v.l.) trafen in Ghana unter anderem mit Kindern eines Waisenhauses zusammen.

Dieser Ansatz, so unterstreicht Maria Bubenitschek, passe auch gut zu einem sich wandelnden Verständnis von Partnerschaft: „Partnerschaft kann nicht heißen: Einer ist der Geber und einer ist der Empfänger, der für das, was er empfängt, vor allem dankbar sein sollte.“ Partnerschaft meine vielmehr ein gegenseitiges Lernen und eine wechselseitige Inspiration. „Natürlich werden wir die Partner in Ghana auch weiterhin finanziell fördern, aber es ist überhaupt keine Floskel, wenn ich sage, dass auch wir von den Partnern in Ghana in vielerlei Hinsicht reichhaltige ‚Gaben‘ erhalten. Diese sind nicht in Euro oder Cedi zu berechnen. Das haben alle Teilnehmenden an der Reise auch so erfahren“. Und Judith Wüllhorst ergänzt: „Partnerschaft erweitert den Horizont jeder und jedes einzelnen, aber auch den der Kirche insgesamt. Wir teilen den Glauben miteinander, wir teilen Freud und Leid: das ist ein unglaublich wertvolles Geschenk.“  

Information:

In der Partnerschaftsarbeit mit den nordghanaischen Bistümern engagieren sich im Bistum Münster aktuell Menschen in mehr als 35 Pfarreien und Einrichtungen. Ihr Bemühen um freundschaftliche Beziehungen mit Pfarreien in Nordghana hat das Ziel, Glaubenserfahrungen miteinander zu teilen, miteinander die Kultur des Anderen zu entdecken und am Leben der Anderen teilzuhaben. Diese partnerschaftlichen Beziehungen auf Gemeindeebene sind die lebendige Basis der Bistumspartnerschaft mit den nordghanaischen Partnerdiözesen. Im Februar war Bischof Genn aus Anlass des 40-jährigen Jubiläums der Partnerschaft mit einer kleinen Delegation aus dem Bistum Münster zu Gast in Ghana.