Tagung in Dülmen nimmt das Miteinander der Generationen in den Blick

Intergenerativ zu arbeiten, ist die Herausforderung der Zukunft. Dessen ist sich Irmgard Neuß, Leiterin der Familienbildungsstätte (FBS) Dülmen, sicher.

"Ein erster Schritt waren die ‚Mehrgenerationenhäuser‘. Als solches arbeiten wir mit der Stadt Dülmen als Träger seit 2008 zusammen. Doch die Angebote beschränken sich häufig auf den Bildungsbereich. Noch ist es mehr ein Nebeneinander als ein Miteinander", berichtet Neuß.

Das soll sich mit der Errichtung des "Intergenerativen Zentrums (IGZ)" in der Stadtmitte von Dülmen ändern. Unter einem Dach werden ab 2018 das Familienzentrum St.-Anna-Kindergarten, die Familienbildungsstätte, das Pfarr- und Jugendheim der Kirchengemeinde St. Viktor sowie städtische und bürgerorientierte Angebote der Stadt Dülmen untergebracht. "Die Kooperation zwischen der Stadt, der Kirchengemeinde und weiteren Partnern ist einzigartig. Das IGZ ist eines von mehr als 40 Projekten des NRW-Strukturförderprogramms ‚Regionale 2016‘", berichtet die Fachfrau weiter.

Ein Blick nach Japan zeigt, wie das Miteinander der Generationen funktionieren kann. "So gibt es beispielsweise Altenheime, an die eine Kindertagesstätte angebaut wurde. Auf diesem Weg findet eine regelmäßige Begegnung zwischen Alt und Jung statt", weiß Neuß. Was vor 15 Jahren in dem Land der aufgehenden Sonne mit kleinen Projekten startete, ist heute bereits weiter verbreitet.

"Zudem werden die Projekte in Japan wissenschaftlich von den Hochschulen begleitet. Da bildet unsere Kooperation mit der Fachhochschule in Deutschland eine Ausnahme", berichtet die Leiterin nicht ohne Stolz. Das war auch ein Grund, warum sie eines Tages eine E-Mail aus Osaka erhielt. "Ich wollte sie schon löschen, denn ich dachte, es wäre eine Mail mit einem Virus. Aber es war eine Anfrage des Kommunikationswissenschaftlers, Prof. Yasuyuki Sagatani, der unsere Qualifizierung ‚Vom Generationenlotsen zu Intergenerativen Fachkraft nach dem Dülmener Modell‘ besuchen wollte", erzählt Neuß.

Damit startete ein reger Austausch zwischen dem japanischen Professor und der deutschen FBS-Leiterin. "Er wird im Juni an unserem Kurs teilnehmen, ihn wissenschaftlich auswerten und die Ergebnisse auf einem Kongress in Tokio vorstellen", informiert Neuß. Deutschland sei für die japanischen Wissenschaftler interessant. "Die gesellschaftlichen Strukturen sind vergleichbar, doch Japan ist uns im demografischen Wandel bereits fünf Jahre voraus", sagt Neuß. 20 Prozent der Altenheime hätten sich in Japan schon auf den Weg gemacht, mit Kindergärten zu kooperieren. "24 Prozent der Einwohner sind älter als 65 Jahre. Es gibt wesentlich mehr Menschen, die an Demenz erkrankt sind. Die familiären Verbindungen sind nicht so eng wie bei uns. Die Zahl der obdachlosen Senioren steigt in Japan", benennt Neuß einige Entwicklungen aus dem fernen Land.

Auch in Deutschland ändern sich aufgrund des demografischen Wandels die familiären Strukturen. "Netzwerke und Kooperationen sind sinnvoll, um Angebote zu schaffen, von denen alle Generationen profitieren und sich einbringen können", sagt Neuß. Die intergenerative Arbeit sei ein spannendes und wichtiges Feld. "Zwar müssen wir zur Zeit noch dicke Bretter bohren, doch das Thema rückt immer mehr in die Öffentlichkeit", sagt Neuß, die seit 35 Jahren in der Familienbildung aktiv ist.

Einen guten Einblick zum Thema gibt die Tagung "Miteinander statt nebeneinander: Neue Wege des intergenerativen Arbeitens in Bildung, Pastoral- und Sozialraum", die am Donnerstag, 9. Juni, von 9.30 Uhr bis 16.30 Uhr im St.-Barbara-Haus in Dülmen stattfindet. Nicht nur der japanische Wissenschaftler, Prof. Yasuyuki Sagatani, wird referieren, sondern auch Prof. Jörn Dummann von der Fachhochschule Münster, mit der die FBS kooperiert. Neben den Impulsreferaten gibt es zahlreiche Workshops, in denen Praktiker ihre intergenerative Arbeit vorstellen. Die Tagungsgebühr beträgt 45 Euro (incl. Mittagsimbiss und Getränke). Die Veranstaltung bildet zudem den Auftakt der Angebote zum 60-jährigen Bestehen der FBS Dülmen.

Eine Anmeldung ist noch bis zum 3. Juni bei der FBS in Dülmen möglich. Weitere Informationen gibt es auch auf der Homepage der Einrichtung unter: www.fbs-duelmen.de.

Bildzeile: Ein Beispiel für das Miteinander der Generationen ist das Musikprojekt in Dülmen, bei dem Kinder und Senioren in sozialen Einrichtungen gleichermaßen angesprochen werden.

Text: Bischöfliche Pressestelle / 27.05.16
Kontakt: Pressestelle[at]bistum-muenster.de
Foto: André Dünnebacke/Regionale 2016 Agentur