Theologen diskutieren über „Demokratie versus Hierarchie“

, Stadtdekanat Münster

Die Machtfrage hat in der katholischen Kirche eine zentrale Stellung. Auch beim Synodalen Weg, dem Reformprozess der deutschen Bistümer, spielt das Thema eine zentrale Rolle. Das Verhältnis von Demokratie und Hierarchie in der Kirche war Thema eines Gesprächabends, zu dem der Freckenhorster Kreis im Bistum Münster eingeladen hatte. Rund 140 Frauen und Männer kamen am 2. November im Bischöflichen Priesterseminar Borromaeum zusammen, um mit drei Expertinnen und Experten zu diskutieren: Jan Loffeld, Professor für Praktische Theologie an der Tilburg Universität in Utrecht, Dorothea Sattler, Professorin für Ökumenische Theologie und Dogmatik an der Universität Münster und Leiterin des Frauen-Forums beim Synodalen Weg, sowie Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster. 

Diskutierten zum Thema „Demokratie versus Hierarche – Der Synodale Weg“: (von links) Thomas Schüller, Dorothea Sattler und Jan Loffeld.

© Bistum Münster

Schüller zeigte sich skeptisch, ob sich eine Demokratie mit einer „absolutistischen Wahlmonarchie“, wie es sie in der katholischen Kirche derzeit gebe, verbinden lasse. Zuversichtlich stimmen ihn die Überlegungen des Forums „Macht und Gewaltenteilung in der Kirche“. Die Mitglieder fordern in ihrem Grundtext eine Kontrolle und Eingrenzung bischöflicher Macht durch demokratisch gewählte Gremien in den einzelnen Bistümern und bundesweit. „Denkbar ist auch eine Amtszeitbegrenzung“, schlug Schüller vor, denn „Macht auf Zeit diszipliniert ungemein“. Er brachte den Vorschlag einer evangelisch synodalen Verfassung, bei der die Synodalen bindendes Stimmrecht haben, in den Diskurs ein. Dies müsse jedoch zunächst systematisch theologisch reflektiert werden.  

Sieben Thesen zum Leitwort des Abends „Demokratie versus Hierarchie“ stellte Sattler vor. Die Reformbewegungen in der katholischen Kirche seien alternativlos, betonte sie und machte deutlich, dass ihrer Meinung nach noch nie so offen über diese gerungen worden sei. Demokratische Entscheidungen jedoch hätten Grenzen, etwa was Glaubens- oder Gewissensentscheidungen betreffe. „Dafür braucht es einen Raum für kontroverse Argumentationen.“ Nicht zu unterschätzen sei außerdem die Beteiligung von Laien in beratenden Prozessen zur Vorbereitung von Entscheidungen: „Auch Bischöfe folgen einem klugen Rat.“ Sattler berichtete, dass es in vielen Ländern sehr unterschiedliche Äußerungen zum Glaubenssinn gibt. „Es wird nicht leicht sein, angesichts des hohen Potentials an Kontroversen die Einheit zu wahren“, sagte sie. Dankbar ist die Theologin, dass das Thema der Teilhabe von Frauen an allen sakramentalen Diensten und Ämtern in der Weltkirche auf der Tagesordnung ist – „und es bleiben wird“. 

Loffeld nahm den Titel des Abends wörtlich und ordnete die beiden Begriffe Hierarchie und Demokratie hinsichtlich ihrer Bedeutung ein. „Du bist gewollt und geliebt“ – diese Zusprache sei der Grund, wofür es das Amt und die Hierarchie gebe, erklärte der Pastoraltheologe. Durch die Missbrauchskrise in der Kirche sei diese Kernbotschaft ins Negative gekehrt worden. „Das Amt hat in seiner Kernkompetenz versagt“, verdeutlichte Loffeld. Dadurch löse sich auch der Zusammenhang zur Macht auf. „Es ist nicht mehr plausibel zu machen, weshalb Bischöfe bei Abstimmungen die Mehrheit haben“, gab er ein Beispiel. Weitergedacht könne, wenn die Kirche nicht mehr durch das Amt geleitet werden kann, die Synodalität und Partizipation des Gottesvolkes eine neue Weise sein, Kirche zu denken. 

Ann-Christin Ladermann