Um Einsamkeit zu sehen, braucht es einen sensiblen Blick

, Bistum Münster, Kreisdekanat Kleve

Einsamkeit von alten Menschen nimmt in Zeiten schwindender sozialer Kontaktmöglichkeiten zu. Am Niederrhein hat die Caritas das Problem schon seit einiger Zeit in den Blick genommen und baut auf Sensibilisierung für die Situation.

Da war diese Dame, die im hohen Alter noch von Berlin nach Dinslaken gezogen war. Nachvollziehbar, dass sie in der neuen Heimat sozial kaum eingebunden war. Kaum jemandem fiel auf, wie zurückgezogen sie lebte. Dass ihr Kontakt zu anderen Menschen sich auf ein alltägliches Minimum beschränkte. Dass sie unter der einsamen Situation litt. Wenn da nicht eine aufmerksame Frau gewesen wäre, die sie irgendwann ansprach und mit zum „Schnack-Café“ der Caritas nahm. Das änderte viel für die 81-Jährige.

„Seit einem Jahr ist sie jetzt kontinuierlich dabei“, sagt Petra Maria Brüggemann von der Alten- und Demenzberatung der Caritas Dinslaken-Wesel. „Nicht nur beim regelmäßigen Angebot mit Kaffee und Kuchen sitzt sie am Tisch – sie interessiert sich auch für unsere Bewegungsangebote und nimmt an Ausflügen teil.“ Heraus aus der Isolation blüht die Seniorin wieder auf. Der Anstoß muss in der Regel von außen kommen, weiß Brüggemann. „Es gibt kaum jemanden, der sich eingesteht, dass er einsam ist.“ Eine Situation, die selbst schwer zu artikulieren ist. Die oft auch mit Scham besetzt ist. Und die damit wenig Chancen hat, von anderen bemerkt zu werden.

Auf dem Gruppenfoto sieht man (von links): Petra Maria Brüggemann und Bettina Schäfer von der Alten- und Demenzberatung, Pia Breulmann vom Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz sowie Fachbereichsleiter Pflege und Beratung, Benedikt van Meerbeck.

Die Einsamkeit alter Menschen im Blick (von links): Petra Maria Brüggemann und Bettina Schäfer von der Alten- und Demenzberatung, Pia Breulmann vom Regionalbüro Alter, Pflege und Demenz sowie Fachbereichsleiter Pflege und Beratung, Benedikt van Meerbeck.

© Michael Bönte/Caritas für das Bistum Münster

„Die Kontaktflächen unserer Pflege- und Betreuungsangebote ist deswegen enorm wichtig“, sagt Bettina Schäfer von der Demenzberatung des Caritasverbands für die Dekanate Dinslaken und Wesel. Sensibilität muss entstehen: „Denn Einsamkeit ist auch im Pflegealltag nicht immer sofort wahrnehmbar.“ Gesundheitliche Probleme können Hinweise sein, kognitive Schwächen, psychische Symptome. Manchmal ist es der Blick auf die Wohnsituation. „Oder ein Nebensatz, aus dem das Gefühl der Einsamkeit herauszuhören ist.“

Wie präsent das Thema mittlerweile ist, hat eine Fachtagung des Caritas-Regionalbüros „Alter, Pflege und Demenz“ für den Niederrhein gezeigt. Die Mitarbeiterinnen hatten dazu nach Dinslaken eingeladen. „150 Teilnehmende aus den verschiedenen Bereichen der Altenpflege-Arbeit kamen – wir mussten einigen Interessierten aus Platzmangel sogar absagen“, berichtet Pia Breulmann. Bei dem Treffen sei deutlich geworden, dass die Situation der Einsamkeit nicht in den Pflegeangeboten „nebenher“ gelöst werden kann. „Es braucht dafür eigene Angebote, Personal und Finanzen – und viel ehrenamtliches Engagement.“

Die Angebote gegen die Einsamkeit selbst sind keine neuen Erfindungen, sagt Benedikt van Meerbeck, Fachbereichsleiter Pflege und Beratung der Caritas Dinslaken-Wesel. „Wir haben sie in den vergangenen Jahren aber weiterentwickelt.“ Ob in Bewegung, bei Reisen oder im Spiel – überall, wo Menschen zusammenkommen können, hat Einsamkeit keine Chance. „Es ist gut, dass das Thema mittlerweile in der Öffentlichkeit und der Politik angekommen ist“, sagt van Meerbeck. „Das hilft, Angebote zu etablieren, und schafft unter den Menschen die wichtige Sensibilität für die Einsamkeit des anderen.“

Michael Bönte/Caritas für das Bistum Münster