WB Geerlings besuchte Flüchtlingsheim
Zimmer, die völlig verschimmelt sind – Ratten, die aus der Küche oder den sanitären Anlagen gelaufen kommen – drei Frauen aus Guinea, dem Libanon und Nigeria, die auf engstem Raum zusammenwohnen müssen. Wirklichkeiten mitten in Deutschland.
Wirklichkeiten in Flüchtlingsunterkünften im Kreis Recklinghausen. Nicht überall, das zeigte sich am 25. November2013 in Herten bei einem Gespräch, das der Münsteraner Weihbischof Dieter Geerlings mit Haupt- und Ehrenamtlichen führte, die in der Flüchtlingsarbeit tätig sind, ist die Unterbringung von Flüchtlingen derart katastrophal. Doch an manchen Stellen ist sie eben – da waren sich die Engagierten einig – "menschenunwürdig". Auch Weihbischof Geerlings, der vor dem Gespräch eine Flüchtlingsunterkunft in Herten besucht hatte, gestand: "Ich habe mir vor dem Besuch vieles vorgestellt, doch das es so ist, das hätte ich nicht gedacht. Und dabei wurde mir gesagt, dass die Einrichtung in Herten sogar zu den besseren im Kreis gehört."
Rund 2.500 Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge leben derzeit im Kreis Recklinghausen. Wie deren Situation verbessert werden kann, darüber unterhielten sich die Haupt- und Ehrenamtlichen mit Weihbischof Geerlings, der auch stellvertretender Vorsitzender der Migrationskommission der Deutschen Bischofskonferenz ist. Er wandte sich mit einem Wort von Papst Franziskus gegen eine "globalisierte Gleichgültigkeit" im Blick auf die Lebenssituation von Flüchtlingen. Auch in Kirchengemeinden gebe es noch viele Vorbehalte gegenüber Flüchtlingen, die mit dadurch geschürt würden, dass manche politisch Verantwortlichen gerne von "Wirtschaftsflüchtlingen" sprächen, die es sich in Deutschland in der "sozialen Hängematte" bequem machten. Zwar wolle die Politik qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland, doch für Flüchtlinge würden manche Politiker, aber auch viele ganz einfache Bürger, am liebsten die Grenze dicht machen. Die Teilnehmer an dem Gespräch betonten dagegen, dass auch viele Flüchtlinge sehr gut ausgebildet seien und sich gerne in die deutsche Gesellschaft integrieren würden. Kern-Problem sei aber, wie es eine Ehrenamtliche auf den Punkt brachte: "Wer als Flüchtling nach Deutschland kommt, wird nicht als Mensch angesehen."
Weihbischof Geerlings warb dagegen dafür, "in jedem Flüchtling zunächst den Menschen zu sehen". Das gelte umso mehr, als viele Flüchtlinge bereits einen sehr schmerzhaften Lebens- und Leidensweg hinter sich hätten, machten auch die Teilnehmer an dem Gespräch deutlich. Sie forderten, dass der Staat, aber auch die Kirche mehr in die Beratung von Flüchtlingen investieren müssten. So sei es etwa grotesk, wenn Flüchtlinge Ablehnungsbescheide erhielten, die sie, weil sie kein Deutsch verstünden, noch nicht einmal lesen könnten. Auch kritisierten die in der Flüchtlingsarbeit Engagierten, dass in manchen Kommunen Flüchtlinge Gutscheine statt Geld erhielten und dass zudem für vier Jahre und oft noch länger ein Beschäftigungsverbot gelte. "Auch so entsteht der Eindruck, dass Flüchtlinge unserer Gesellschaft nur auf der Tasche liegen. Dabei wollen viele arbeiten, und unsere Gesellschaft und Arbeitswelt könnte diese Menschen sehr gut gebrauchen. Gerade die Kinder von Flüchtlingen sind oft sehr lernwillig und lernfähig", sagte eine Teilnehmerin des Gesprächs.
Kritik gab es auch an der Haltung der Bundesregierung zur Flüchtlingsproblematik: zum einen würden viele Kommunen mit den finanziellen Lasten alleine gelassen, zum anderen überwiege im Blick auf die Flüchtlinge etwa im Innenministerium das Sicherheitsdenken. "Die Flüchtlingsthematik muss raus aus dem Innenministerium und rein ins Arbeits- und Bildungsministerium", forderte daher auch eine Teilnehmerin. Generell warben die in der Flüchtlingsarbeit Engagierten dafür, dass die in den Kommunen und in der Politik Verantwortlichen die derzeit schon vorhandenen Spielräume zum Wohl der Flüchtlinge besser nutzen sollten.
Weihbischof Geerlings kündigte an, sich sowohl bei der künftigen Bundesregierung als auch im Kreis Recklinghausen weiter für eine Verbesserung der Lebenssituation der Flüchtlinge einzusetzen.
Text: Bischöfliche Pressestelle
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Foto: Takver, CC BY-SA 2.0